Könnte die Flugscham mit diesen supereffizienten Flügeln bald vorbei sein? Wohl eher nicht. Aber immerhin gehen neue Forschungen in Richtung Umweltfreundlichkeit im Luftverkehr. Denn ein internationales Expertenteam des europäischen Projekts FLEXOP (Flutter Free FLight Envelope eXpansion for ecOnomical Performance improvement) entwickelte neue Technologien, die Tragflächen leichter, aber trotzdem äußerst stabil gestalten. Dank dieser neuartigen Flügel könnte das Fliegen bald tatsächlich umweltfreundlicher und sogar günstiger werden. Getestet wurden die ersten Modelle diese Woche auf dem Sonderflugplatz in Oberpfaffenhofen.
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Ihr Vorteil: Flügel mit größerer Spannweite und geringerem Gewicht erzeugen weniger Widerstand. Somit sind sie energieeffizienter. Und durch ihren effizienteren Auftrieb könnte Kerosin eingespart werden. Das würden erstens die Emissionen und zweitens die Kosten verringern. Doch ihre Grenzen liegen darin, dass sie ab einem bestimmten Faktor der Reduktion zu Flattern beginnen. Denn durch den Luftwiderstand sowie aufgrund von Böen schaukeln sich die Schwingungen der Tragflächen immer weiter auf.
Das Flattern führt zur Materialermüdung. Das kann sogar so weit gehen, dass der Flügel abreißt“, erklärt Sebastian Köberle, wissenschaftlicher Mitarbeiter am TUM-Lehrstuhl für Luftfahrtsysteme.
Zwar beginnt jeder Flügel bei einer bestimmten Geschwindigkeit zu flattern – aber kürzere und dickere Flügel besitzen strukturell eine höhere Steifigkeit und damit Stabilität.
TUM für Flugversuche von Aeroelastischen und Flatter-Flügeln verantwortlich
Die Forscher der TUM sind für die Konzeption und Durchführung der Flugversuche verantwortlich. Diese sollen das tatsächliche Verhalten der zwei neuartigen Tragflächen zeigen, die im Projekt entwickelt wurden: Die aeroelastischen Flügel und die Flatterflügel.
Dazu bauten die Wissenschaftler der TUM zunächst den dreieinhalb Meter langen und sieben Meter breiten Flugdemonstrator und integrierten die Systeme der europäischen Partner. Mithilfe der extra gefertigten Referenzflügel arbeiteten die Forscher dann daran, den Flugdemonstrator automatisiert vorgegebene Flugversuchsmuster fliegen zu lassen.
Der Flugdemonstrator soll mit den neuartigen Flügeln so schnell fliegen, dass diese theoretisch flattern müssten“, erklärt Köberle. „Bei solch hohen Geschwindigkeiten müssen wir sicher sein, dass nichts schiefgeht.“
Das Flugzeug muss von Boden aus zu jedem Zeitpunkt zu sehen sein, sodass die Forscher im Notfall eingreifen können. Deshalb werden die Flugmanöver in einem engen Radius von einem Kilometer geflogen.
Beeinflussung von Biege- und Torsionsverhalten von Kohlefaserflügeln
Nach dem Abschluss der komplexen Vorarbeiten führten die Wissenschaftler nun zum ersten Mal ein Versuchsflug mit den Flügeln durch.
Bisher hat alles so geklappt, wie wir es uns vorgestellt haben“, sagt Köberle. „Jetzt beginnt die Datenauswertung.“
Bei den Tragflächen handelt es sich um sogenannte aeroelastisch optimierte Flügel, die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Zusammenarbeit mit der Universität Delft entwickelt wurden. Sie bestehen aus Kohlefasern. Durch eine spezielle Ausrichtung der Fasern beim Aufbau des Flügels konnten die Forschenden das Biege- und Torsionsverhalten beeinflussen.
Wird der Flügel durch die Luftkräfte gebogen, dreht er sich gleichzeitig und weicht den Windlasten sozusagen aus“, beschreibt Wolf-Reiner Krüger vom Göttinger DLR-Institut für Aeroelastik.
Klappenregulierung im GFK-Flatterflügel
Der zweite im Projekt entwickelte, supereffiziente Flügel ist der sogenannte Flatterflügel. Dabei handelt es sich um einen Entwurf der TUM. Er besteht aus Glasfasern. Kommt es zum Flattern, werden die äußeren Klappen ausgefahren. Sie wirken dabei wie Dämpfer. Gertjan Looye, vom Oberpfaffenhofener DLR-Institut für Systemdynamik und Regelungstechnik und Leiter des Projekts beim DLR, erklärt:
Die eingebaute, am DLR entwickelte aktive Regelung der Klappen vergrößert die Möglichkeiten für eine wesentlich leichtere Bauweise maßgeblich.”
Ein zweites Flugregelungssystem wird vom Computer and Automation Research Institute der ungarischen Akademie der Wissenschaften (MTA SZTAKI) entwickelt. Projektleiter Bálint Vanek von MTA SZTAKI ergänzt:
Mit einem solchen Flügel könnten künftig 20 Prozent mehr Fracht transportiert werden.”
Da die Technologie sehr komplex ist, werden die Tests an diesem Flügel erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden. In einem weiteren Schritt sollen die Ergebnisse des Projekts auf die Konfiguration von Transport- und Passagierflugzeugen übertragen werden.
Zuvor waren beide Varianten des supereffizienten Flügels übrigens bereits bei Standschwingungsversuchen am DLR-Standort Göttingen getestet worden.
Weitere Partner des FLEXOP-Projekts, bei denen Flügel einerseits leichter gebaut und gleichzeitig das Flattern unter Kontrolle gebracht werden sollen, sind die Airbus Group Innovation, Airbus Group Limited, FACC Operations GmbH, INASCO (Integrated Aerospace Sciences Corporation, die Universität Bristol sowie die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen.