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Je besser selbständig fahrende Autos ihre Umgebung wahrnehmen, desto sicherer werden sie. Deshalb arbeiten derzeit alle Automobilhersteller daran, die KI mit einer großen Menge an Bildern und Videoaufnahmen zu trainieren. Damit der Algorithmus einzelne Bildelemente – etwa als Baum, Fußgänger oder Straßenschild –, erkennt, werden diese markiert. Bisher wurden die Objekte auf den Bildern von Menschen in Handarbeit gekennzeichnet. Dieses Verfahren heißt Labeling. „Große Firmen wie Tesla beschäftigen dafür tausende Arbeiter in Nigeria oder Indien, das Verfahren ist mühsam und zeitaufwendig“, beschreibt Informatiker Philip Kessler die aktuelle Vorgehensweise.

Kessler gründete im Jahre 2017 zusammen mit Marc Mengler das Start-up understand.ai. Ihr Ziel, Algorithmen möglichst effizient zu trainieren, haben sie nun erreicht:

Bei understand.ai verwenden wir Künstliche Intelligenz, die es ermöglicht, diese Kennzeichnung zehn Mal schneller und präziser auszuführen“, so Kessler.

Team understand.ai ©understand.ai

Qualitätskontrolle durch den Menschen

Obwohl der Prozess der Bildbearbeitung größtenteils hochautomatisiert sei, übernehme der Mensch am Schluss die Qualitätskontrolle. Die Kombination von Technik und menschlicher Sorgfalt sei insbesondere bei sicherheitskritischen Themen wie dem autonomen Fahren wichtig, betont der Experte. Die auch “Annotationen” genannten Markierungen in den Bild- und Videodarstellungen müssen pixelgenau mit der realen Umgebung übereinstimmen. Je besser die Qualität der bearbeiteten Bilddaten, desto besser der Algorithmus, der damit trainiert.

Weitere Anwendungsfelder denkbar

Da man nicht für alle Situationen – zum Beispiel Unfälle – Trainingsbilder bereitstellen kann, bieten wir neuerdings auch aus Realdaten erarbeitete Simulationen an“, so Kessler.

Obwohl sich das Start-up derzeit noch auf das Thema autonomes Fahren fokussiert, planen die Gründer künftig das Bearbeiten von Bilddaten auch auf andere Branchen auszuweiten. So sehen sie weitere Anwendungsgebiete in dem Training von Algorithmen zur Tumorerkennung oder der Auswertung von Luftbildern.

Im Moment gehören führende Automobilhersteller und -zulieferer in Deutschland sowie den USA zu den Kunden von understand.ai. Neben seinem Hauptsitz Karlsruhe ist das junge Unternehmen – es hat übrigens seine Wurzeln am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ‒,  in Berlin und San Francisco tätig. Derzeit sind mehr als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beschäftigt. Doch könnten noch mehr werden, denn es gibt noch einige offene Positionen. 2018 erhielten die Karlsruher von einer Runde privater Investoren eine Anschubfinanzierung in Höhe von 2,8 Millionen US-Dollar.

Pioniergarage des KIT

Der aus Braunschweig stammende Kessler begann 2012 das Informatikstudium am KIT. Hier entdeckte er sein Interesse am Thema Künstliche Intelligenz und Autonomes Fahren beim Entwickeln eines autonomen Modellfahrzeugs in der Hochschulgruppe KITCar. Als „extrem motivierend“ für die eigene Unternehmensgründung beschreibt er die Angebote der Hochschulgruppe Pioniergarage des KIT. Die Einrichtung richtet sich speziell an studentische Entrepreneure. Hinzu kam ein einjähriger Aufenthalt im Silicon Valley bei Mercedes Research im Bereich maschinelles Lernen und Datenanalyse.

„Nirgends lernt man in kürzester Zeit mehr als in einem Start-up, und das Interesse großer Firmen mit Start-ups zusammenzuarbeiten hat in jüngster Zeit deutlich zugenommen“, stellt der 26 Jahre alte Gründer fest. Die erste Welle der Künstlichen Intelligenz, in der sie vorwiegend für Unterhaltungsgeräte und Endverbraucher-Produkte genutzt wurde, habe Deutschland verschlafen.

In der zweiten Welle, in der Künstliche Intelligenz in Industrie und Technik angewandt wird, kann Deutschland sein Potenzial nutzen“, ist Kessler überzeugt.

Mengler hingegen machte seine Master in Entrepreneurship, Machine Learning und Data Science. Er hat bereits einige Startups im Bereich Machine Learning gegründet. Dabei erlebte er, wie viel Aufwand es bedeutet, gute Trainings- und Validierungsdaten für Algorithmen zu erhalten. Grund genug für ihn, eigene Labelingtools zu schreiben und so seine Algorithmen möglichst effizient zu trainieren.

Die beiden Gründer fanden übrigens durch einen gemeinsamen Bekannten aus Berlin zusammen. Dieser suchte Entwickler in Karlsruhe. Da Kessler als Vorstand der Pioniergarage des KIT gut verknüpft war, schrieb der Berliner ihn an. Innerhalb kürzester Zeit schlossen sich Kessler und Mengler als Team zusammen: Denn ihnen war schnell klar, dass sie mit Überzeugung am gleichen Thema arbeiteten und ähnliche Ideen hatten.

 

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