Was früher ferngesteuerte Modellflugzeuge waren, sind heute Drohnen. Die Fluggeräte kommen aber nicht nur als High-Tech-Spielzeug von Menschen zum Einsatz, die gerne ihre Anwesen von oben filmen und die Filmchen und Bilder auf Social-Media-Plattformen posten. Vielmehr werden sie beispielweise von Maklern genutzt, um ihren Kunden die zum Kauf angebotenen Immobilien zu zeigen. Sie werden zur Wetterbeobachtung eingesetzt, zur Aufzeichnung von Bodenstrukturen, zur Besprühung von Pflanzen in der Landwirtschaft, in der Logistik, im Katastrophenschutz, als Transportmittel, von der Polizei und für zahlreiche andere Zwecke.
Um auch größere Gebiete abdecken zu können, fliegen sie mittlerweile immer häufiger im Schwarm. So können auch sie viel größere Mengen an Daten sammeln, da jede Drohe mit unterschiedlichen Sensoren ausgerüstet werden kann, wenn nötig. Wie schaffen sie es aber, um Hindernisse herum zu navigieren und nicht zusammenzustoßen? Ingenieure der EPFL haben dazu ein vorausschauendes Steuerungsmodell entwickelt, mit dem die Drohnen auch in unübersichtlichen Umgebungen schnell und sicher fliegen können. Das Gerät ermöglicht es den einzelnen Drohnen, sowohl ihr eigenes Verhalten vorauszusehen als auch das ihrer Nachbarn im Schwarm.
Kollisionen verhindern
Das Risiko einer Blockade innerhalb des Schwarms, die dazu führt, dass Drohnen zusammenstoßen, ist einer der Hauptgründe, wieso der Einsatz in Schwärmen noch relativ selten ist. In der Natur stimmen Vögel in Schwärmen ihr Verhalten in der Regel mit den anderen ab und passen gegebenenfalls ihre Flugbahn an, um genügend Abstand voneinander zu haben, in Formation zu fliegen oder auch einem Hindernis auszuweichen. Genau dieses Verhalten soll bei Drohnen auch erreicht werden.
“Wenn in einem Drohnenschwarm eine Drohne ihre Flugbahn ändert, um einem Hindernis auszuweichen, synchronisieren ihre Nachbarn ihre Bewegungen automatisch entsprechend”, sagt Dario Floreano, Professor an der School of Engineering der EPFL und Leiter des Laboratory of Intelligent Systems (LIS). “Aber das führt oft dazu, dass der Schwarm langsamer wird, einen Stillstand innerhalb des Schwarms erzeugt oder sogar zu Kollisionen führt.”
Nicht nur “auf Sicht” fliegen
Enrica Soria, Doktorandin am LIS, hat ein vorausschauendes Steuermodul entwickelt, das derartige Probleme lösen soll. Mit diesem Modell können Drohnen sowohl auf andere im Schwarm reagieren als auch ihre eigenen Bewegungen und die ihrer Nachbarn vorhersehen. “Unser Modell gibt den Drohnen die Fähigkeit zu erkennen, wann ein Nachbar langsamer wird, was bedeutet, dass die Verlangsamung weniger Auswirkungen auf ihren eigenen Flug hat”, sagt Soria.
Damit das Modell funktioniert, müssen lokal kontrollierte, einfache Regeln einprogrammiert werden, wie ein Mindestabstand zwischen den einzelnen Drohnen, und eine bestimmte, festgelegte Geschwindigkeit und Richtung, denen der Schwarm folgen muss. So werden die Drohnen von den Befehlen, die von einem Zentralcomputer ausgegeben werden, unabhängiger. So ein Computer berechnet beispielsweise bei Lichtshows in der Luft die Flugbahnen der einzelnen Drohnen und gibt entsprechende Anweisungen weiter, um Kollisionen zu vermeiden. “Aber mit unserem Modell werden die Drohnen anhand lokaler Informationen befohlen und können ihre Flugbahnen autonom ändern”, sagt Soria.
Inspiriert von der Natur
Bisherige Tests am LIS haben gezeigt, dass das neue Modell den Flug von Drohnenschwärmen in Gebieten mit vielen Hindernissen in punkto Geschwindigkeit, Ordnung und Sicherheit verbessert. “Wir wissen noch nicht, ob oder inwieweit Tiere in der Lage sind, die Bewegungen der Menschen um sie herum vorherzusagen”, sagt Floreano. “Aber Biologen haben kürzlich angedeutet, dass die synchronisierten Richtungsänderungen, die in einigen großen Gruppen beobachtet werden, eine anspruchsvollere kognitive Fähigkeit erfordern würden, als bisher angenommen wurde.”
Sorias Arbeit wurde in Nature Machine Intelligence veröffentlicht.
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