Der deutsche Markt für Pkw hat sich in den letzten 3 Monaten wieder erholt. Tatsächlich wurden wieder mehr Verbrenner verkauft – also reine Diesel- und Benzinfahrzeuge. Laut DAT Barometer (Deutsche Automobil Treuhand) könnte die 3jährige Flaute auf dem Automobilmarkt damit beendet sein. Trotzdem sei man immer noch weit vom Absatz im Vorcoranajahr 2019 entfernt.
Leider gilt das nicht für die Elektromobilität
Während überall auf der Welt die Elektromobilität weiter wächst, sogar in den USA die kurze Stagnation zu Ende ist, bleibt Deutschland weiter hinter den Erwartungen zurück. Die selbsternannte grüne Vorzeige- und Energiewendenation fällt wirtschaftlich immer schneller in sich zusammen und demonstriert, wie krass sich Selbstbild vom Fremdbild unterscheiden.
Die Zulieferindustrie leidet
Deutschland ist eine Autonation. Nach wie vor. Doch die ökologische Verkehrswende bleibt weiter ein frommer Wunsch, der sich gerade dort nicht zu entfalten scheint. Mittelständische Unternehmen wie VARTA (Batterien), ZF (Getriebe) und Recaro (die ehemalige Nummer 1 bei Autositzen) bauen Arbeitsplätze im großen Stil ab, gehen in die Insolvenz oder suchen ihre unternehmerische Zukunft anderswo auf der Welt.
So sank die Beschäftigung in der Autozulieferindustrie von 311.000 (2018) auf nunmehr 270.000 Beschäftigte 2024.
Eine „Deindustrialisierung“ findet nicht statt
Die drei Beispiele, die stellvertretend für viele deutsche Firmen stehen, zeigen eindrucksvoll, dass nicht einmal Traditionsunternehmen vor der harten Realität in Deutschland gefeit sind. Und doch negieren das Wirtschaftsministerium, aber auch die regierungsnahe Berliner NGO, das DWI (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung), die Gefahr der Deindustrialisierung weiter. Auch bei renommierten Publikationen wie dem SPIEGEL sieht man sich regelmäßig überrascht wenn die negativen Wirtschaftsdaten hereinprasseln.
Vor 10 Tagen fand die jährliche Zusammenkunft der Bayerischen Chemieverbände statt. Die Forderungen des Lobbyverbandes sind Forderungen, die so überall in der deutschen Wirtschaft präsent sind: Niedrigere Industriestromkosten (≤ 4 ct die kWh) und deutlich weniger Bürokratie.
Beides betrifft auch die anderen Transformationsindustrien in Deutschland. Die Elektromobilität kommt gerade infolge der wirtschaftlichen Unsicherheiten kaum voran. Die Strompreise verhageln auch den Umstieg von der klassischen Gasheizung auf die Wärmepumpe und die Medianvermögen der Deutschen sinken, unter anderem durch die durch die Ampel verursachte Neubewertung von Immobilien, die eigentlich den Lebensabend vieler Menschen sichern sollten. Der Plan eines Wasserstoff-Pipeline-Netzes dürfte nur zu einer Verschlimmerung führen: höheren Energiekosten und Investitionen, die sich kaum lohnen aber die Bürger weiter belasten.
Da ist es nicht verwunderlich, dass der Zuspruch der Ampel-Regierung zuletzt auf einen Tiefpunkt gesunken ist – die Grünen als ideologische Führung der Bundesregierung sehen Wahlforscher nur noch bei 10-11 % Zustimmung.
Der kranke Mann Europas
Ist Deutschland also wieder der kranke Mann Europas? Alles spricht dafür. Denn die Pessimisten, oder sollte ich sagen, Realisten, unter den Wirtschaftsprognostikern sehen den Niedergang ganzer Schlüsselindustrien dräuen: die Autoindustrie, die Chemieindustrie, die Bauindustrie, der Maschinenbau, die Liste ließ sich verlängern.
Beinahe alle diese Industrien geraten mehr und mehr unter Druck. Durch China, ja, aber vielmehr durch die EU-Gesetzgebungen aus Brüssel, die EU-Bürokratie und die heimische Bürokratie, die versucht noch einen drauf zu setzen.
Der DIHK (Deutscher Industrie- und Handelskammer) hat gerade in einer Umfrage herausgefunden, dass inzwischen 37 % aller Unternehmen erwägen ihre Produktion ins Ausland zu verlegen. 2022 lag dieser Wert noch bei 16 %.
Auch Fehlentscheidungen der Unternehmen führen zu Problemen
Die „Deindustrialisierung“ hat auch etwas mit Fehlentscheidungen der Unternehmen zu tun. Die Elektromobilität haben die deutschen OEMs zunächst verschlafen. Trotzdem sind die Ursachen weitgehend in der politischen Irrlichterei zu suchen. Durch eine Wirtschaftspolitik, die Ideologie über gesunden Menschenverstand einsortiert. Und eine aktionistische EU, die letztlich meiner Meinung nach dem europäischen Gedanken immer mehr schadet.
Apropos China: auch das Reich der Mitte, als größter Auto-Absatzmarkt weltweit, kann die deutschen OEMs nicht retten, denn der Trend der Chinesen heimische Marken zu präferieren, setzt sich fort. Laut Analysen von Strategy& einer Tochter von pwc stammten im Juni dieses Jahres bereits knapp 65% aller dort verkauften Autos von chinesischen OEMs aus chinesischer Produktion. Das sind 25 Prozentpunkte mehr als noch 2020 und ein Sprung von 12 Prozentpunkten im Vergleich zum Juni 2023.
Die deutsche Gesellschaft wünscht sich nach Jahren der schleichend zunehmenden „Planwirtschaft“ die deutschen Erfolgsidee, genannt „Soziale Marktwirtschaft“ zurück. Man beschwört geradezu die Dynamik des Wirtschaftswunders des letzten Jahrhunderts, das vor allem Ludwig Erhard zugerechnet wird.
Das würde allerdings eine neue, wirklich überragend schnelle „Deutschlandgeschwindigkeit“ voraussetzen, die für jede Unternehmung, jede politische Partei und jeden Bürger in Deutschland gelten muss.
Für die Verkehrswende wäre das ein Segen, denn sie würde die ökologische Transformation sogar noch beschleunigen.