Malizia II © Andreas Lindlahr
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Warum sich die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg gerade die Rennyacht Malizia II für ihre polarisierende Atlantiküberquerung aussuchte, ist nachvollziehbar, wenn man ins Innere des foilenden Hochseeseglers schaut. Denn in der, zu einem der schnellsten Einrümpfer der Welt zählenden, Open 60 Class Yacht ist nicht nur Navigations-High Tech untergebracht.

Malizia II Interior © Andreas Lindlahr

Skipper Boris Herrmann und Co-Skipper Pierre Casiraghi ließen vor über einem Jahr Sensoren in den Rumpf des Bootes bauen. Diese liefern während sämtlicher Reisen der Malizia II Messungen für die Ozean- und Klimaforschung. So mag sich vielleicht schon der ein oder andere gefragt haben, welchen Hintergrund das Motto „Unite Behind the Science” auf dem Großsegel des Schiffes hat. Es steht für eine Gemeinschaftsinitiative des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel, des Kieler Forschungsnetzwerks „Ozean der Zukunft“ und des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (MPI-M) in Hamburg.

Messung von Kohlendioxid-(CO2)-Konzentrationen

Klar, das an die 25 Knoten schnelle Carbon-Boot wurde gebaut, um anspruchsvollste Segelrennen zu bestreiten. Darunter zum Beispiel die Vendée Globe, ein Einhand-Dauerrennen rund um die Welt. Dieser Wettkampf ist für den Segler eine höchst anspruchsvolle Herausforderung. Gleichzeitig kommt er mit seiner Yacht in die entlegensten Gebiete des globalen Ozeans. Grund genug für Herrmann, trotz des Zusatzgewichtes der Messstation, dem deutschen Wissenschaftskonsortium die für die Forschung dringend benötigten Daten zu liefern. Denn aufgrund der Größe des Ozeans und der hohen Kosten für die Probenahme fehlen aus vielen Meeresregionen Messdaten. Und das, obwohl das Meer eine wichtige Rolle im Klimasystem spielt.

„Die Daten unserer wissenschaftlichen Helfer auf Rennyachten wie Boris Herrmann leisten einen wichtigen Beitrag zum Verständnis unseres Ozeans, unseres Klimas und für eine nachhaltige Welt“, erklärt Dr. rer. nat. Toste Tanhua, Meereschemiker am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

Measuring System Malizia II ©www.andreaslindlahr.com

Die in der Malizia II verbauten, hochmodernen Sensoren der Kieler Firma SubCtech messen vor allem Kohlendioxid-(CO2)-Konzentrationen im Oberflächenwasser des Ozeans. Nachdem die Yacht New Yort erreichte, gingen die erhobenen Daten an das GEOMAR Helmholtz-Zentrum in Kiel sowie an das Max-Planck-Institut in Hamburg.

Sensoren werden immer kleiner & leichter

Auch in den kommenden Jahren werden die Geräte an Bord der Malizia II entlang einer Strecke von rund 70.000 Seemeilen weitere Daten erheben. Denn dank neuester Technologien können Sensoren seit Kurzem so klein und leicht gebaut werden, dass sie auch an Bord von Rennyachten eingesetzt werden können. So auch während des letzten Volvo Ocean Race vom Team Turn the Tide on Plastic (wir berichteten). Während die Sensoren auf der Malizia II übrigens wartungsfrei sind, waren die Messgeräte der Volvo-Yacht mit täglich zu wechselnden Filtersystemen ausgestattet. Dies ist jedoch von einer 1-2-Personen-Crew wie der Malizia während eines Rennens unmöglich zu erwarten.

Die Wissenschaft nutzt übrigens schon seit einigen Jahren ‒ neben eigenen Forschungsschiffen ‒ automatische Messgeräte auf Handelsschiffen sowie autonome Messroboter, um neue Daten zu gewinnen. Diese werden dann von den Experten des MPI-M, des GEOMAR sowie des Kieler Forschungsnetzwerkes „Ozeans der Zukunft“ zusammengeführt. So können der CO2-Austausch zwischen Ozean und Atmosphäre sowie die den Austausch antreibenden Prozesse besser abgeschätzt werden. Dazu Dr. Tanhua:

„Es ist wichtig, die Aufnahme von CO2 im Meer genau zu verstehen, um die Auswirkungen von CO2-Reduktionsmaßnahmen zu verstehen, zu überwachen und um Klimamodelle zu verbessern.“

C02-Aufnahme hat Auswirkungen auf Meereslebewesen

Die zunehmende Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre ist der Hauptgrund für den Klimawandel und die globale Erwärmung. Das zusätzliche Kohlendioxid stammt hauptsächlich aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Aber nur knapp die Hälfte der Emissionen bleibt in der Atmosphäre. Der Rest verteilt sich auf den Ozean und Pflanzen an Land. Die Meere tragen damit dazu bei, die globale Erwärmung abzuschwächen. Gleichzeitig senkt die CO2-Aufnahme den pH-Wert des Meerwassers – mit erheblichen Auswirkungen auf Meereslebewesen.

Die Reise der Malizia II – inklusive interaktiver Daten mit Fotos und Videos – können hier online nachverfolgt werden.

Weitere Berichte der Innovation Origins zum Thema Ozeanforschung finden Sie hier.