©Markus Breig/Amadeus Bramsiepe, KIT
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Immer mehr Forschungsprojekte beschäftigen sich damit, Abwärme nutzbar zu machen, anstatt sie ungenutzt verpuffen zu lassen. In der Regel ist das immer noch zum größten Teil der Fall. Um Energieversorgung aber wirklich nachhaltig zu machen, muss diese Abwärme mit einbezogen werden, denn diese Niedertemperaturwärme aus der Industrie oder aus Geothermiekraftwerken, hat großes Potenzial, Teil einer nachhaltigen und bedarfsgerechten Stromversorgung zu werden. Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist deshalb das Kraftwerkstechnikum MoNiKa (Modularer Niedrigtemperaturkreislauf Karlsruhe), eine europaweit einzigartige Forschungsinfrastruktur, in Betrieb gegangen.

“Statt Wärme, die ohnehin als Überschuss vorhanden ist, in die Umgebung abzuführen, ist es sinnvoller, sie weiter zu nutzen und damit Strom zu produzieren“, erklärt Dr. Dietmar Kuhn, Leiter der Arbeitsgruppe Energie- und Verfahrenstechnik am Institut für Thermische Energietechnik und Sicherheit (ITES) des KIT. Damit diese Wärme mit einer Temperatur von weniger als 200 Grad Celsius für die Stromversorgung von Privathaushalten genutzt werden kann, soll überschüssiger Wärme in sogenannten Organic-Rankine-Cycle (ORC) in Strom umgewandelt werden.

Steigerung des Wirkungsgrads

In einer solchen Anlage wird eine Flüssigkeit in einem Flüssig-Dampf-Kreislauf im Kreis gepumpt und unter steigendendem Druck solange aufgeheizt, bis sie verdampft. Eine Turbine entzieht dem Dampf dann den Druck und die Temperatur und wandelt ihn in Bewegungsenergie und Strom um. Eine kleine Schwierigkeit stellt jedoch die Tatsache dar, dass der Siedepunkt von Wasser unter Druck erst bei mehreren hundert Grad liegt. Das ist deutlich höher als das, was eine Niedertemperaturquelle wie Erdwärme zur Verfügung stellen kann. Deshalb werden beim ORC-Verfahren andere Fluide als Arbeitsmedien eingesetzt als zum Beispiel in einem Kohlekraftwerk. Die Wissenschaftler im MoNiKa arbeiten mit Propan, das bei hoher Leistungsfähigkeit einen sehr niedrigen GWP-Faktor (Global Warming Potential) hat.

Im MoNiKa soll auch das Problem des niedrigen Wirkungsgrads einer Energieproduktion mit Abwärme gelöst werden. Bisher liegt die Stromausbeute bei ORC-Anlagen bei gerade mal 10 bis 15 Prozent. Die Karlsruher Wissenschaftler wollen deswegen neue Strategien entwickeln, um die Effizienz von ORC-Anlagen zu steigern und so deren CO2-Fußabdruck zu senken. “MoNiKa bietet eine Forschungs- und Entwicklungsinfrastruktur, die auf dem neuesten Stand der Technik und einzigartig in Europa ist“, betont Kuhn. Daher werde im Technikum der Dampfkreislauf anders als in den meisten ORC-Kraftwerken überkritisch betrieben. Das heißt: “Mit Blick auf Temperatur, Druck und Dichte wird der sogenannte ‘kritische Punkt’ überschritten, an dem ein Gas flüssig wird und umgekehrt, und die Phasenübergänge werden fließend.” Dadurch könnte man die Stromausbeute um zwanzig bis dreißig Prozent erhöhen, sagt Kuhn.

Forschungsergebnisse auf die Praxis übertragbar

Das Technikum ist modular aufgebaut und die Niedertemperaturwärmequelle wird über eine Heizanlage simuliert. Dazu ist es mit umfangreicher Sensorik ausgestattet, um Temperaturen, Drücke und Durchflüsse zu messen. So können Daten aus dem laufenden Betrieb mit Modellrechnungen verglichen und dadurch die Qualität von Prognosen erhöht werden. So wollen die Wissenschaftler “zentrale Komponenten wie den Wärmetauscher oder den innovativen Hybrid-Kondensator analysieren und so optimieren, dass sie energieeffizienter und umweltschonender arbeiten”. Ziel sei unter anderem auch, Leckagen im Arbeitskreis zu reduzieren oder ganz zu vermeiden.

Mit einem Megawatt liegt die thermische Leistung von MoNiKa in einer Größenordnung, die es ermöglicht, die Forschungsergebnisse auf die Praxis zu übertragen und zu skalieren. Aktuell laufen bereits erste Experimente am Technikum, bei denen Kuhn und sein Team gemeinsam mit Industriepartnern unter anderem Forschungsthemen und -bedarfe identifizieren. Das Großinvestitionsprojekt, in dessen Rahmen das Kraftwerkstechnikum am ITES aufgebaut wurde, lief von 2013 bis 2021 und wurde vom Bundesministerium für Bildung- und Forschung mit 4,4 Millionen Euro gefördert. Künftig soll das Technikum vor allem für anwendungsorientierte Forschungsprojekte genutzt und langfristig an das Energy Lab 2.0 des KIT angebunden werden.

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Titelbild: Das Kraftwerkstechnikum MoNiKa soll vor allem für anwendungsorientierte Forschungsprojekte eingesetzt werden (Foto: Markus Breig/Amadeus Bramsiepe, KIT)