Tabin-Kulamba in Sabah ©Robert Risch, Rhino and Forest Fund e.V. (RFF)
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Günstiges Palm-Öl ist gefragt: Es steckt in der Tiefkühlpizza genauso wie in Lippenstiften und Waschmitteln. Doch zum Wachsen bevorzugt die Ölpalme tropisches Klima, also genau das Klima, welches auch Regenwälder benötigen. Kein Wunder also, dass Länder, die in diesen Breitengraden liegen, Regenwald abholzen, um durch den Anbau von Ölpalmplantagen den weltweiten Bedarf an dem neutralen Pflanzenfett zu decken. So gehören beispielsweise Indonesien und Malaysia mit knapp 90 Prozent des gehandelten Öls (Stand 2018) zu den größten Palmölherstellern der Welt – mit verheerenden Folgen für die Natur.

Doch immerhin: Schon 2015 unterzeichnete der malaysische Bundesstaat Sabah ein Abkommen mit dem Rhino and Forest Fund e.V. (RFF) zur Wiederaufforstung des Regenwaldes. Dies soll jetzt in die Tat umgesetzt werden. Borneos Forstbehörden planen unter Federführung des RFF und gemeinsam mit Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) eine Fläche von etwa 15,5 Hektar Ölpalmplantage wieder in Regenwald umzuwandeln. So soll der dringend benötigte Wildtierkorridor für Borneos bedrohte Tierwelt wiedergeschaffen werden. Ein Forschungsteam des Leibniz Instituts und Umweltexperten aus Zürich werden diesen Prozess wissenschaftlich begleiten. Denn bisher mangelt es bezüglich der Aufforstung an wissenschaftlichen Forschungen aus der Praxis. Mit dem Modellprojekt möchte der RFF diese Wissenslücke schließen. Gleichzeitig sollen die gewonnenen Erkenntnisse als Blaupause für zukünftige Aufforstungsprojekte dienen.

Kauf von Landverbindungen zwischen Wildtierreservaten

Der erste Schritt zur Verwirklichung der Ziele war der Kauf von Ölpalmplantagen zwischen den isolierten Wildtierreservaten Tabin und Kulamba im Osten des malaysischen Bundesstaates Sabah. Beide Schutzgebiete sind von zentraler Bedeutung für den Erhalt hochbedrohter und bedrohter Arten wie beispielsweise Haarnasenotter, Borneo-Orang-Utan, Sunda-Nebelparder, Borneo-Elefant und Borneo-Banteng. Dazu Robert Risch, Vorstandsmitglied des RFF und Mitarbeiter am Leibniz-IZW: „Mit der Unterzeichnung eines Kaufabkommens auf der aktuellen Heart-of-Borneo-Konferenz in Kota Kinabalu in Malaysia wird ein Durchbruch bei der Schaffung eines bedeutsamen Wildtierkorridors besiegelt.“ Risch ergänzt: „Um ein massives Artensterben zu verhindern, müssen isolierte Waldgebiete zeitnah wieder vernetzt werden. Dazu sind der kostspielige Erwerb bestimmter Ölpalmplantagenflächen und deren Umwandlung in Schutzgebiete unverzichtbar. Es ist sehr verwunderlich, dass dies zuvor noch niemand gemacht hat.“

Forschungen zu Bodenbeschaffenheit und Wiederbesiedlung

Die vom RFF durch Spendengelder erworbenen Flächen werden von der Regierung Sabahs zunächst in Schutzgebiete umgewandelt. Anschließend werden sie durch den RFF wieder mit naturnahem Regenwald aufgeforstet, so dass die zerstückelten Regenwaldgebiete wieder zusammengeführt werden. „Die Herausforderung besteht in der Erforschung der optimalen Umwandlung von Ölpalmplantagen und ihren degradierten Böden in naturnahen Regenwald“, erläutert Dr. Philippe Saner, Experte für Umweltstudien aus der Schweiz und Gründungsmitglied des RFF, „die hieraus gewonnenen Erkenntnisse, ermöglichen es uns, Aussagen über eine zukünftige optimale Flächenrückführung zu treffen.“

Doch auch andere Forschungsthemen, wie die Wiederbesiedlung der artenarmen Flächen durch Wildtiere, sollen unter die Lupe genommen werden. „Bisher wird hauptsächlich der Verlust der Biodiversität untersucht“, erklärt Dr. Petra Kretschmar, Ökologin am Leibniz-IZW und Vorstandsmitglied im RFF, „Wir möchten jedoch herausfinden, wie lange es dauert, bis artenarme Ölpalmplantagenflächen nach einer Renaturierung wieder ihre ursprüngliche Artenvielfalt erreicht haben.“ So soll die wissenschaftliche Begleitung des gesamten Umwandlungsprozesses genutzt werden, um Empfehlungen für eine zukünftige nachhaltige Umwandlung von Agrarlandflächen in naturnahen Regenwald geben zu können.

Fördermittel und Sponsoren gesucht

Durch weitere Zukäufe – die sich ebenfalls aus Spendengeldern finanzieren – soll der Wildtierkorridor in den nächsten Jahren kontinuierlich ausgebaut werden. Derzeit sind die Wissenschaftler auf der Suche nach Fördermitteln aus staatlichen Quellen. Doch Steven Seet, Leiter der Wissenschaftskommunikation am Leibniz-IZW und Vorstandsmitglied des RFF betont: „Aber auch für Wirtschaftsunternehmen bietet sich hier eine große Gelegenheit, einen nachhaltigen Beitrag für die Natur zu leisten und für zukünftige Generationen die Weichen zu stellen.“

Das Pilotprojekt trägt übrigens mit seinen Aktivitäten zur Umsetzung der Aichi-Biodiversitätsziele des internationalen Umweltabkommens „Convention on Biological Diversity (CBD)“ bei. Zeitgleich erfüllt es auch die auf dem UN-Klimagipfel 2014 beschlossenen Klimaziele. Dort wurde vereinbart, bis zum Jahr 2030 350 Million Hektar Wald aufzuforsten und degradiertes Land zu renaturieren.

Hintergrund zum RFF

Der in Deutschland ansässige RFF ist seit 2010 auf Borneo aktiv. Er überführte gemeinsam mit dem Sabah Forestry Department und mit Unterstützung des Sabah Wildlife Departments bereits über 2.000 Hektar bedrohte Waldgebiete in streng geschütztes Habitat. Zudem forstete er bisher 24 Hektar zerstörte Regenwaldgebiete wieder auf. Für seine Leistungen im Habitatschutz erhielt der Verein heute von der malaysischen Regierung aus Sabah auf der Heart-of-Borneo-Konferenz eine Auszeichnung. „Wir sind [auch] sehr stolz darauf, dass die Regierung von Sabah den RFF heute offiziell für seine bisherigen Leistungen im Habitatschutz auszeichnet und bedanken uns für die großartige und langjährige Unterstützung durch die lokalen Behörden“, freute sich Risch. Der RFF ist übrigens eine Ausgründung des Leibniz-IZW und wird seit seiner Gründung im Jahr 2009 vom Zoo Leipzig gefördert.

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