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Die Berliner Verkehrsbetriebe starteten vor zwei Tagen das „Projekt See-Meile“, bei dem ein selbstfahrender Bus auf einer 600 Metern langen Strecke „Am Tegeler Hafen“ im Alltagsverkehr getestet wird. Gleichzeitig ist ein weiteres Projekt mit autonom fahrenden Bussen gescheitert. In der französischen Hauptstadt Paris wurde ein 2017 gestarteter Test mit selbstfahrenden Kleinbussen nun erfolglos beendet. Als Begründung für das Ende des Tests, der in Zusammenarbeit mit dem Verkehrsunternehmen île-de-France Mobilités (IDFM) und dem Transportunternehmen Keolis stattfand, gab die Stadtverwaltung an, die Gesamtbilanz sei nicht zufriedenstellend ausgefallen.

Die Busse des französischen Herstellers Navya waren seit Juli 2017 im Stadtteil La Défense unterwegs und wurde von den Fahrgästen ursprünglich gut angenommen. In den ersten sechs Monaten war das Shuttle sogar ein großer Erfolg und beförderte mehr als 30.000 Passagiere. Bei einer Umfrage im September 2017 gaben 97% an, mit dem Service zufrieden zu sein und 88% wollten den Minibus auch wieder nutzen. Von Juni 2018 bis Mai 2019 stiegen allerdings nur noch 11.865 Passagiere ein. Zu wenig, nachdem wenn das erklärte Ziel darin bestand, „eine Lösung für die Mobilität in der Nachbarschaft zu finden”. Nachdem die Anziehungskraft des Neuen nachgelassen hatte, war der Bus für die Menschen uninteressant und schlichtweg zu langsam.

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Schneckentempo

Und genau dieses Schneckentempo war der springende Punkt. „Die Geschwindigkeit des Shuttles hat sich nicht verbessert, um den Service attraktiv zu machen”, wird die Stadtverwaltung von Le Parisien zitiert. Theoretisch könnte das Shuttle nämlich bis zu 40 km/h fahren. Die Durschnittsgeschwindigkeit des Shuttles lag aber gerade mal bei rasanten 7 km/h.

Dazu sei auch die Mobilfunkverbindung wegen der zahlreichen Hochhäuser zu unzuverlässig gewesen und das Fahrzeug habe Schwierigkeiten gehabt, sich auf neue Umweltbedingungen einzustellen, wie z.B. auf neue und unbekannte Fahrwege aufgrund des Weihnachtsmarktes. Aus diesen Gründen konnten die Minibusse auch nie wirklich autonom fahren und es musste immer ein Mensch zur Überwachung zur Verfügung stehen. Auch andere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger, Fahrradfahrer, Rollerfahrer und Servicefahrzeuge hätten zu Problemen geführt. „Die Technologie konnte sich nicht an die Veränderungen der städtischen Umwelt anpassen”, und daher sie die „Gesamtbewertung nicht zufriedenstellend”, so Paris La Défense.

Insgesamt verkehrten die Busse von Juli 2017 bis Mai 2019, mit einer Unterbrechung aufgrund technischer Probleme zwischen Dezember 2017 und Juni 2018, und beförderten 45.500 Passagiere. In diesen 15 Monaten legten die Minibusse ohne Fahrer laut IDFM 9.900 Kilometer zurück.

Aufgeben will man in Paris aber trotz dieses gescheiterten Experiments noch nicht. „Es war nur ein Experiment und es war nicht geplant, den Dienst ewig laufen zu lassen”, betont ein Sprecher der île-de-France Mobilités. Vielleicht sei La Défense einfach ein „zu komplexes Umfeld“ gewesen, in dem man die autonomen Shuttles nicht mehr einsetzen wird. Aber es werden weitere derartige Experimente stattfinden, besonders in Saclay. Und IDFM kündigt an, dass ein autonomes Fahrzeug in Kürze in Saint-Quentin-en-Yvelines getestet wird.

Testprojekte in Deutschland und den Niederlanden

Anders als bei dem Versuch in Paris mit Navya-Shuttles, kommt in Berlin kommt ein Shuttle des ebenfalls französischen Herstellers EasyMile zum Einsatz und laut Berliner Zeitung soll noch in diesem Sommer auf einer weiteren Route im Bezirk Reinickendorf getestet werden. Aber auch Navya-Shuttles fahren in Deutschland, wie zum Beispiel am am Berliner Klinikum Charité, am Virchow Klinikum oder auch in Mainz. In Wien wurde im Juli ein Test mit Navya-Fahrzeugen gestoppt, nachdem es zu einem Unfall mit einer Fußgängerin gekommen war. Recht erfolgreich fährt ein – übrigens kostenloses – Navya-Shuttle allerdings seit 2017 in Las Vegas und fährt auf einer Strecke, die acht Stadtknotenpunkte, sechs Ampeln und zwei Stoppschilder umfasst.

In den Niederlanden wurden unter anderem im Gewerbegebiet Rivium (Capelle aan de IJssel) und in Wageningen (Campus WUR) Tests durchgeführt. In Rivium sind die Fahrzeuge vorübergehend außer Betrieb, während man auf verbesserte Versionen wartet; in Wageningen gilt das Experiment als gescheitert. Die dort verwendeten WEpods wurden danach auf dem deutschen Flughafen Weeze eingesetzt. Auch die Niederlande spielen eine Rolle über den in Utrecht ansässigen Hersteller 2getthere, der seine selbstfahrenden Busse in die ganze Welt exportiert.