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Hand aufs Herz. Wer wusste zu Beginn des vergangenen Jahres, was ein PCR-Test ist? Nach eineinhalb Jahren Corona-Pandemie sind diese Tests aber sprichwörtlich in aller Munde. Während die Durchführung des Tests, also die Probenentnahme, nur zwei bis drei Minuten dauert, dauert die Polymerase-Kettenreaktion (Polymerase Chain Reaction (PCR)) im Labor rund vier bis fünf Stunden. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS haben nun eine Möglichkeit gefunden, diesen Prozess im Labor entscheidend zu beschleunigen.

“Mit dieser Lösung wollen wir dazu beitragen, auch über die Pandemie hinaus für die Gesundheit der Bevölkerung wichtige PCR-Verfahren weiter zu beschleunigen und noch verfügbarer zu machen”, betont IKTS-Leiter Prof. Alexander Michaelis. Bei diesem Verfahren sind schnelle Temperaturwechsel für die Proben nötig. Sie werden durch eine Kombination aus Keramik-3D-Druck und aufgebrachter Elektronik ermöglicht.

Wechselbad der Temperaturen

PCR-Tests werden eingesetzt, um Erbgut des Krankheitserregers – in diesem Fall des SARS-CoV-2-Virus – aus Nasen- und Rachenschleimproben zu vervielfältigen und anzureichern und so ein genaueres Ergebnis zu bekommen als bei Schnelltests. Beim PCR-Test lassen sich auch kleinste Mengen von Coronaviren eindeutig nachweisen. Dazu müssen die Proben im Labor eine Art “Wechselbad der Temperaturen” durchlaufen, bei dem die Reaktionsgefäße abwechselnd auf bis zu 96 Grad Celsius erhitzt und dann wieder auf 55 Grad oder weniger abgekühlt werden. Diese Prozesse müssen nach einem genau vorgegeben Plan etwa 30 Mal wiederholt werden. Alles in Allem ein Zeitaufwand von etwa fünf bis sechs Stunden. Nur so kann die anreichernde Kettenreaktion immer neue Erbgut-Kopien hervorbringen.

Innovative “μPCR”-Module des Fraunhofer IKTS helfen, Corona-Labortests deutlich zu beschleunigen. © Fraunhofer IKTS

Der Elektrotechniker Dr. Lars Rebenklau und der 3D-Druck-Experte Dr. Uwe Scheithauer vom IKS und ihre Kollegen haben jetzt jedoch eine vielversprechende schnellere Alternative entwickelt. Sie setzen additive Fertigungsverfahren ein, um ihre μPCR-Module herzustellen. Dazu wird mit industriellen 3D-Druckern zuerst eine keramische Hülse mit integrierten Kühlkanälen produziert. “Durch unsere additive Fertigung sind selbst diese komplexen Formen kein Problem mehr, die mit herkömmlichen Methoden gar nicht oder nur sehr aufwändig und teuer herzustellen wären”, sagte Uwe Scheithauer.

Anschließend wird der so erzeigte “Grünling” bei über 1.000 Grad zu einer festen und sehr strapazierfähigen Keramik gebrannt. Auf diesen Grundkörper werden dann metallische Spiralmuster gedruckt und bei 850 Grad eingebrannt. Sie dienen später als Heizkörper. Komplettiert werden die kompakten μPCR-Module durch elektrische Anschlüsse und Kühlmittel-Schläuche.

“Besonders langlebige, kleine und dennoch leistungsstarke PCR-Module”

Aktuell haben diese Aggregate einen Durchmesser von ca. 15 Millimetern und eine Länge von rund 45 Millimetern und dienen bei der Polymerase-Kettenreaktion sowohl zum Aufheizen als auch zum Abkühlen der Proben. Die Heizelektronik bringt die Probengefäße innerhalb weniger Sekunden auf die gewünschten Temperaturen. Gasförmiger Stickstoff, der durch die integrierten 3D-Kühlkanäle strömt, kühlt sie dann ebenso schnell wieder herunter. Außerdem ließen sich die Aggregate zu größeren Matrix-Verbünden koppeln, um viele Proben auf einmal zu analysieren, betonen die Forscher. Die IKTS-Wissenschaftler gehen davon aus, dass derartige Anlagen auf μPCR-Basis die PCR-Analysen in Zukunft weiter beschleunigen können, wenn sie zur Serienreife weiterentwickelt werden.

“In der Kombination aus additiver Fertigung, Dickschichttechnik und anderen keramischen Technologien sowie einfacher Bauweise entstehen hier besonders langlebige, kleine und dennoch leistungsstarke PCR-Module”, erklärt Dr. Lars Rebenklau. Zudem sei eine automatisierte Großproduktion möglich und leistungsfähigere Kühlmittel und weitere Verbesserungen an der gedruckten Elektronik könnten den PCR-Prozess weiter beschleunigen. Momentan arbeiten die Wissenschaftler daran, die entwickelten Module weiter zu verkleinern, was die Temperaturabläufe noch weiter reduzieren würde.

Derartige leistungsstarke und schnelle keramische Heizungen eignen sich aber nicht nur für PCR-Test, sondern auch für andere Anwendungsgebiete, bei denen hohe Temperaturen oder harsche Bedingungen vorherrschen. Als Beispiele nennen die Forscher weitere medizintechnische Geräte oder Anwendungen in der Prozesstechnik.

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