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Die Freiheit des Segelns genießen und Alltagssorgen vergessen – es könnte so schön sein. Wenn einen nicht die nackte Wahrheit sogar auf hoher See einholen würde: Als Cirplus Gründer Christian Schiller vor der Küste Kolumbiens in See stach, traf ihn der Schock: Statt die frische Brise eines kristallklaren Ozeanes genießen zu können, fand er sich in einem unappetitlichen Teppich aus Plastikmüll wieder. Das war genau der Moment, als ihm klar wurde, dass er seine Zukunft dem Kampf gegen die Plastikflut widmen wird.

Zuhause angekommen, begann der Berliner sich mit dem Thema „Circular Economy“, also der Kreislaufwirtschaft, zu beschäftigen. Und Schiller war sich sicher:

Was einen Wert hat, das wird nicht weggeworfen.“

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Einfacher und effizienter Handel mit Rezyklaten

Ein halbes Jahr nach dem Erlebnis in Kolumbien war schließlich die Idee zu Cirplus geboren – einer digitalen Handelsplattform für Altplastik. Gemeinsam mit dem Blockchain Experten Volkan Bilici, der zudem Erfahrung in der Kunststoffindustrie mitbringt, gründete Schiller Ende 2018 das Start-up Cirplus. Im April 2019 ging ihre nachhaltige, digitale Plattform auch schon online. Diese soll den Handel mit recycelten Kunststoffen, also Rezyklaten, so effizient und einfach wie möglich gestalten. Auf der Plattform können sich Kunststoffverarbeiter und Recycling-Unternehmen direkt vernetzen und so den Kreislauf zwischen der Herstellung, Recycling und Wiederverwendung von Plastik schließen. Gehandelt werden – von Ballenware bis zum Regranulat bzw. Rezyklat – alle Formen von recyceltem Plastik. Durch den direkten Vergleich von Angeboten sparen Käufer Zeit und Geld, während Verkäufer neue Absatzmärkte im In- und Ausland erschließen können. Denn Cirplus richtet sich derzeit an Interessenten aus ganz Europa. Zudem sind die Anbieter durch die Plattform in der Lage, Preise, Mengen und Qualitäten ihrer Materialien exakt auf die Nachfrage abzustimmen.

Founder Volkan Bilici & Christian Schiller ©cirplus

Dank “VerpackG”: Altplastik wird zum Geschäftsmodell

Bestärkt in ihrem Vorhaben werden die Gründer unter anderem durch das neue Verpackungsgesetz VerpackG, das seit dem 1.1.2019 in Kraft ist. Neben dem schon bekannten Prinzip der Produktverantwortung sind nun auch neue Produktarten mit aufgenommen. Zudem werden die Verantwortlichen mehr in die Pflicht genommen. Denn die Verordnung verlangt für Kunststoffe aus Verpackungsabfällen eine Recyclingquote von 58,5 Prozent, statt wie bisher 36 Prozent. Ab 2021 sollen sogar 63 Prozent recycelt werden. Das macht ein Umdenken und auch den Wandel der Supply Chain erforderlich. Zudem soll mit dem Gesetz der Einsatz von Altplastik automatisch zu einem lukrativen und boomenden Markt werden.

Digitalisierung der Branche noch in den Anfängen

Und offensichtlich scheint die Rechnung aufzugehen: Noch bevor die Plattform gelauncht wurde, hatten sich schon 43 Unternehmen, darunter auch Branchenriesen, auf die Warteliste von cirplus setzen lassen. Mittlerweile wurden sogar schon die ersten Transaktionen vermittelt.

…In Zukunft werden wir die gesamte Transaktion digital abbilden: vom Suchen und Matching, über die Logistik- und Zahlungsabwicklung, intelligente Preis- und Mengenanalyse bis hin zur Integration von Blockchainanwendungen“, erklärt Schiller. „So erreichen wir das übergeordnete Ziel, Produktkreisläufe zu 100% zu schließen.“

Und genau hier kommt Software-Entwickler und Blockchain-Experte Bilici ins Spiel: Dank seiner Expertise und eines ausgeklügelten Algorithmus werden die Matchingprozesse für Käufer und Verkäufer auf cirplus automatisiert und effizienter. Eine Punktlandung, wenn man bedenkt, dass die Digitalisierung dieser Branche noch ganz am Anfang steht.

Schiller nennt – auch wenn das Sourcing bis dato noch nicht über cirplus lief – zwei Vorzeigebeispiele: So sind die Frosch-Flaschen der Firma Werner & Mertz sowie die Wasserflaschen der Firma Vöslauer beide jeweils zu 100% aus rPET, also recyceltem PET.

Die Vision: Reduktion von Plastikmüll auf Null

Kennengelernt haben sich Schiller und Bilici übrigens im Rahmen des Accelerator-Programms von Entrepreneur First. Schiller blickt auf Start-up Erfahrung beim französischen BlaBlaCar zurück. Er baute als erster Mitarbeiter den deutschen Markt auf. Heute ist das Unternehmen die weltweit größte, digitale Mitfahrplattform. Die Frage, was ihn an Start-ups reizt, beantwortet er wie folgt:

Mich treibt die Lust zur Gestaltung an. Und ganz konkret hier: ein Nachhaltigkeitsthema mit unternehmerischen Mitteln anzugehen. Je mehr recycelte Kunststoffe wir vermitteln können, desto besser für die Umwelt. Denn der Einsatz von einer Tonne recyceltem Kunststoff spart 85% CO2 Emissionen ein gegenüber dem Einsatz einer Tonne Neukunststoffe.“

Bilici ist erfahrener Softwareentwickler. Er arbeitete unter anderem für Brickblock, Cubits und die Frontier Car Group. Zudem hat Bilici beste Verbindungen in die Türkei, einen der weltweit größten Märkte für Kunststoffverarbeitung.

Ein erstes Ziel von Cirplus ist es, den europaweiten Recyclingmarkt zu revolutionieren. Doch die Vision der Gründer ist noch viel ambitionierter:

Langfristig möchten sie die Unmengen an Plastikmüll auf null reduzieren!

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