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Krebserkrankungen werden im Allgemeinen mit Operation, Chemo- und/oder Strahlentherapie behandelt. In vielen Fällen verzeichnet diese Herangehensweise auch Erfolge. Die Patienten können geheilt oder die Tumorerkrankungen zumindest kontrolliert werden. Allerdings trifft das nicht auf alle zu. Oft gibt es im Tumorgewebe sehr widerstandfähige Krebsstammzellen, die nicht vollständig vernichtet werden können. Diese können nach einer zunächst erfolgreichen Therapie erneut zu einem Wachstum des Tumors führen.

Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist es in Laborversuchen gelungen, solche strahlenresistenten Krebszellen abzutöten. Sie konnten diese Tumoren im Kopf-Hals-Bereich mithilfe einer gezielten Immuntherapie mit „UniCAR-T-Zellen“ sowohl im Reagenzglas als auch im Maus-Experiment zerstören.

„Unsere Ergebnisse zeigen erstmals, dass die Immuntherapie mit dem UniCAR-System künftig ganz gezielt dazu dienen könnte, in Kombination mit einer Radiotherapie besonders strahlenresistente Tumorzellen erfolgreich zu bekämpfen“, sagt Prof. Michael Bachmann, Direktor am HZDR-Institut für Radiopharmazeutische Krebsforschung. Patienten mit einem wiederauftretenden Plattenepithelkarzinom würden meist nur einen Zeitraum von weniger als sechs Monaten überleben.

Bessere Überlebenschancen

„Verantwortlich für die schlechte Prognose ist die Widerstandfähigkeit bestimmter Krebszellen gegen eine Strahlentherapie. Mithilfe der UniCAR-T-Zell-Therapie könnten sich die Heilungschancen von Patienten mit strahlenresistenten Tumoren künftig deutlich verbessern“, erläutert Prof. Mechthild Krause, Direktorin der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden.

Die UniCAR-Technologie sei eine Weiterentwicklung der CAR-T-Zell-Therapie, die derzeit zu den vielversprechendsten Ansätzen der Immuntherapie zählt, erklären die Forscher. „Bei der CAR-T-Zell-Therapie wird in die T-Zellen – weiße Blutzellen des Immunsystems – ein künstliches Molekül ‚CAR‘ (‚chimeric antigen receptor‘) eingebaut, das die Zellen wie ein Navigationssystem zu bestimmten Oberflächenmerkmalen von Tumorzellen leitet. Beim so genannten UniCAR-System bindet die veränderte T-Zelle hingegen nicht direkt an die Tumorzelle. Vielmehr ist zwischen Immun- und Krebszelle ein spezielles Bindeglied (Zielmodul) zwischengeschaltet, das die Bindung und damit die Immunantwort erst ermöglicht.“ Da die künstlich erzeugten Zielmodule kurzlebig seien, ließe sich die Aktivität der T-Zellen über die verabreichte Zielmodul-Dosis steuern und die Gefahr schwerwiegender Nebenwirkungen deutlich verringern.

Bispezifische Antikörper sollen dem Immunsystem auf die Sprünge helfen. Diese künstlich hergestellten Proteine docken an speziellen Strukturen auf der Oberfläche der Immunzellen an. Das andere Ende des Antikörpers bindet wiederum an die Krebszellen und lenkt so die bis dahin untätigen Abwehrkräfte zum Tumor. Quelle: HZDR / Sahneweiß / Kjpargeter, Freepik

Neues molekulares Bindeglied

Für Ihre Untersuchungen, deren Ergebnisse im Magazin Oncoimmunology veröffentlicht wurden, entwickelten die Wissenschaftler ein neues molekulares Bindeglied, das die UniCAR-T-Zellen an den Oberflächenmarker CD98 der untersuchten Krebszellen koppelt und so aktiviert. Dieser Marker ist auf den untersuchten radioresistenten Krebszellen reichlich vorhanden. Darüber hinaus nutzen sie als zusätzliches Angriffsziel für die Immunzellen das Zellmembran-Protein EGFR (Epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor). Für dieses Protein gabe es bereits ein spezifisches Bindeglied.

„Die kombinierte Radio-Immuntherapie mit UniCAR-T-Zellen könnte künftig die Heilungschancen von Krebspatienten mit strahlenresistenten Tumoren verbessern“, glauben die Forscher. „Die Möglichkeit, die Aktivität der veränderten Immunzellen zu steuern, ist nicht zuletzt deshalb wichtig, weil die Oberflächenmerkmale von Krebszellen, die als Angriffsziel für die UniCAR-T-Zellen dienen, oftmals nicht ausschließlich auf Tumoren vorhanden sind.“ So sei etwa die auf strahlenresistenten Plattenepithelkarzinom-Zellen des Kopf-Hals-Bereiches präsente Zielstruktur CD98 auch auf der Oberfläche der UniCAR-T-Zellen selbst vorhanden – allerdings in weitaus geringerem Maße.

„Wir konnten zeigen, dass sich die Aktivität des UniCAR-Systems zunächst gegen Zellen mit einer besonders hohen Dichte des jeweiligen Ziel-Merkmals richtet. Sind die entsprechenden Zellen beseitigt, lässt sich die Aktivität der UniCAR-T-Zellen stoppen, indem die Zufuhr des spezifischen Bindeglieds beendet wird“, erklärt Dr. Claudia Arndt, Wissenschaftlerin am HZDR.

Weitere Laborexperimente

Bevor die Ergebnisse der Untersuchung in klinischen Studien überprüft werden können, wollen die Forscher die Wirksamkeit des UniCAR-Systems auf strahlenresistente Tumorzellen in weiteren Laborexperimenten untersuchen.

Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine gemeinsame Einrichtung des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden, des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ).