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Seit den 1930er Jahren findet die Kommunikation zwischen Fluglotsen und Piloten auf ein und dieselbe Art statt. Anweisungen, den Kurs oder Flughöhe zu ändern, eine Startfreigabe und dergleichen passieren mittels analogem Sprechfunk. Bei immer höherem Flugaufkommen könnte das aber in absehbarer Zeit zu Problemen führen.

„Es ist zwar immer noch sicher und robust, aber umständlich zu bedienen”, erklärt Michael Schnell vom DLR-Institut für Kommunikation und Navigation in Oberpfaffenhofen. „Die Piloten müssen sich noch immer mündlich an- und abmelden und die Funkfrequenzen von Hand eingeben.” Da diese Technologie außerdem ein breites Frequenzspektrum benötige, sei das problematisch, weil nur begrenzt Frequenzen zur Verfügung stünden und die Anzahl der Flugbewegungen weiter steige. Um dem entgegenzusteuern, wird beim DLR in Oberpfaffenhofen gemeinsam mit Partnern eine neue Technik entwickelt, die dem Abhilfe schaffen soll: der digitale Flugfunkstandard LDACS (L-band Digital Aeronautical Communications System).

Ende März 2019 erprobt das Forschungsflugzeug Falcon des DLR zum ersten Mal einen Prototypen für LDACS. Diese neue Technik soll die Kommunikation zwischen Tower und Flugkapitän in Zukunft auf neue Wege führen. Sie soll einen sicheren und effizienten Datenaustausch zwischen Flugsicherung und Cockpit bis hin zur 4D-Flugroute ermöglichen. Darüber hinaus ist LDACS ein alternatives Navigationssystem für die Luftfahrt, das aus den Signalen der Bodenstationen die Flugzeugposition bestimmt. Im Laufe der Forschungsflüge werden vier Teststationen in Oberbayern überflogen.

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DLR-Verantwortlicher für LDACS, Herr Dr. Michael Schnell © DLR

Zusätzliche Sicherheit

„Im Prinzip funktioniert LDACS für die Luftfahrt ähnlich wie der Mobilfunk am Boden”, erklärt Schnell. „Die Bodenstation entspricht der Mobilfunk-Basisstation und das Funkgerät im Flugzeug dem Smartphone.” Die neue Technologie, mit der sich Piloten und Lotsen besser verständigen können, ermögliche sowohl Sprachkommunikation in CD-Qualität als auch einen schnellen Datenaustausch.

Prof. Christoph Günther, Leiter des DLR-Instituts für Kommunikation und Navigation, erklärt, dass die besondere Herausforderung darin bestanden habe, dass keine neuen Frequenzen für diesen digitalen Dienst zur Verfügung gestellt werden konnten. “Deshalb mussten Verfahren entwickelt werden, die es erlauben den Dienst parallel zu anderen Diensten im selben Frequenzband zu betreiben.” Aktuell wird die Technik im Forschungsprojekt MICONAV (Migration towards Integrated COM/NAV Avionics), das vom Luftfahrtforschungsprogram LuFo V des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie mitfinanziert wird, zur Flugreife gebracht.

Neben einer besseren Verständigung hat LDACS für Piloten und Fluglotsen weitere Vorteile. Sie können schneller und effizienter kommunizieren und auch viel komplexe Informationen austauschen, die mit analogem Sprechfunk gar nicht übermittelt werden können. Die Lotsen werden den Flugzeugen digital vierdimensionale Trajektorien, d.h. Flugpfade mit Zeitstempeln, vorgeben können. Außerdem ist das System in der Lage, neben der Satellitennavigationssystemen, auch präzise Ortsbestimmungen des Flugzeugs über die Abstandsermittlung an mindestens vier Bodenstationen liefern. „Sollten die Signale der GPS oder Galileo Satelliten gestört werden, stünde den Piloten über LDACS immer noch eine präzise Ortsbestimmung zur Verfügung”, so Schnell. “Das schafft zusätzliche Sicherheit.”

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DLR-Forscher im Forschungsflugzeug Falcon © DLR

Spezielle neue LDACS-Bodenstationen

Für die Testflüge habe die DLR extra neue LDACS-Bodenstationen in Oberpfaffenhofen, Schwabmünchen, Peiting und Königsdorf eingerichtet, erklärt DLR-Flugversuchspilot Michael Grossrubatscher. Dabei wird die neue Technik auf reibungslosen Wechsel zwischen den Bodenstationen, ausreichende Datenübertragungsgeschwindigkeit, Reichweite und Genauigkeit der Navigationsfunktion getestet. „Bisher haben wir all das nur modellhaft im Labor getestet und es ist ein großer Moment, die Technik nun endlich voll im Einsatz in der Luft zu sehen”, freut sich Michael Schnell.

Bis die neue Technik im täglichen Flugverkehr und weltweit an sämtlichen Kontrollstationen und Flughäfen eingesetzt werden kann, werden aber wohl noch ein paar Jahr vergehen. Eine Arbeitsgruppe unter Leitung des DLR bei der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO (International Civil Aviation Organization) für die Standardisierung gibt es bereits seit 2016. „Sobald der Standard endgültig festgeschrieben ist, sind Hersteller und Fluggesellschaften aufgefordert, ihn zu übernehmen”, erklärt Schnell. “Bis 2022 soll es so weit sein.“

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