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In Karlsruhe entsteht etwas ganz Großes – ein Entwicklungs- und Demonstrationszentrum für die Fabrik der Zukunft. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Fraunhofer sind bei diesem Projekt federführend. Für den Bund soll es das wegweisende Referenzprojekt für die KI-Strategie werden.

Schon jetzt, mit dem Spatenstich für den Bau der Karlsruher Forschungsfabrik, lasten hohe Erwartungen auf dem Projekt. Nicht nur, dass sich die beiden, im Forschungsbereich schwergewichtigen, Kooperationspartner KIT und Fraunhofer dafür zusammengefunden haben. Vielmehr soll das Projekt einen bedeutenden Beitrag zur erst vor Kurzem veröffentlichten „Strategie Künstliche Intelligenz“ der Bundesregierung leisten. Die Karlsruher Forschungsfabrik, die Ende 2020 den Betrieb aufnehmen soll, ist deshalb für die Innovationskraft des Standorts Deutschland zukunftsweisend.

Karlsruher Forschungsfabrik

15 Millionen Euro wird die Forschungsstätte mit Sitz auf dem Campus Ost des KIT kosten. Künftig werden hier neue Produktionstechnologien geplant, getestet und anschließend in die Industrie implementiert. Logisch, dass die Lösungen mit Hilfe modernster Digitalisierungsmethoden entstehen. Der Vorteil: Entwicklung und Marktreife sollen dadurch deutlich schneller umgesetzt werden als bisher.

Dass Künstliche Intelligenz (KI) ein riesiges Marktpotenzial hat, beweisen Prognosen wie etwa die des McKinsey Global Institute (MGI). Demnach kann das globale Bruttoinlandsprodukt (BIP) durch intelligente künstliche Lösungen um durchschnittlich 1,2 Prozentpunkte pro Jahr wachsen. Verglichen mit Dampfmaschinen (0,3 Prozentpunkte), Industrieroboter (0,4 Prozentpunkte) und die Verbreitung der Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT, 0,6 Prozentpunkte) ist das ein Vielfaches mehr. Mc Kinsey prognostiziert mit Künstlicher Intelligenz bis 2030 einen zusätzlichen globalen Wertschöpfungsbeitrag in einer Höhe von 13 Billionen US-Dollar. Die Ergebnisse sind Teil der Studie „Notes from the frontier: Modeling impact of AI on the world economy“. Dafür wurden 3.000 Unternehmen aus 14 Branchen befragt.

Höchste Zeit

Für Deutschland wird es also höchste Zeit, den Run auf die besten Marktplätze aufzunehmen. Laut Mc Kinsey liegt Deutschland mit einem möglichen zusätzlichen BIP-Wachstum von 1,3 Prozentpunkte nur leicht über dem Durchschnitt. Aber gleichauf mit China. Spitzenreiter sind die USA mit 1,5 Prozentpunkten, die von Schweden mit 1,7 Prozentpunkten noch übertroffen werden. Deutschland muss der Mc Kinsey-Studie zufolge vor allem in den Bereichen Forschung und Entwicklung investieren, um den Anschluss an den internationalen Markt nicht zu verlieren.

Schnellere Marktreife

Genau an dieser Stelle soll die Karlsruher Forschungsfabrik ansetzen. Ziel ist es, Vorsprünge bei neuen, komplexen Fertigungsverfahren systematisch zu erarbeiten und auszubauen. Das heißt, Wissenschaftler wollen herausfinden, wie qualitativ hochwertige Produkte hergestellt werden können, auch wenn der erforderliche Fertigungsprozess noch nicht gänzlich beherrscht wird. Dazu setzen auf die Hilfe modernster Mess-, Sensor- und Regelungstechnik sowie neue Methoden. Mit ihnen sollen neue Produktionstechnologien schnell in industriellen Fertigungsprozesse umsetzt werden. Profitabilität und Sicherheit stehen dabei an erster Stelle.

Lernen während der Prozesse

Um eine schnelle Marktreife zu erzielen, werden Verfahren des Maschinellen Lernen und der Künstlichen Intelligenz eingesetzt. Die von Prozessoren erhobenen Daten dienen dazu, um Korrelationen zwischen qualitätsbezogenen Daten und Prozessparametern zu erkennen. Im Klartext: Die Fertigungsanlage lernt im laufenden Betrieb, um Prozesse entsprechend anzupassen. Mit KI und Maschinellem Lernen soll die ganze Prozesskette erfasst und verbessert werden – nicht nur Teilbereiche.

Vorteil für Mittelstand

Gerade kleine und mittlere Unternehmen bekommen laut den Entwicklern der Forschungsfabrik dadurch die Möglichkeit mit neuen Produkten viel früher als bisher auf den Märkten vertreten zu sein. Das nötige Wissen dafür bringen die Fabrik-Macher, die Institute wbk (KIT), ICT und IOSB (Fraunhofer) mit. Sie weisen sich durch Kompetenzen in Produktions-, Fertigungs- und Verfahrenstechnik sowie in der Automatisierungs-, Sensor- und Informationstechnik aus. Anwendungsfelder der künftigen Lösungen der Forschungsfabrik sehen sie in den Segmenten Elektromobilität, Leichtbau aber auch andere innovative Bereiche im Industrie-4.0-Umfeld.

Industriepartner

Von Anfang an sollen in der Karlsruher Forschungsfabrik Industriepartner eingebunden werden. Durch Kooperationen, Verbundprojekte und Workshops. Das KIT und Fraunhofer gehen zudem davon aus, dass die Forschungsfabrik nicht nur für Mitarbeiter im angewandten Forschungsumfeld attraktiv sein wird. Sondern auch dem Standort Karlsruhe zu einer Innovations-Führerschaft in der Werkstoff-, Produktions- und Informationstechnik verhelfen kann.

Modell der Karlsruher Forschungsfabrik
Modell der Karlsruher Forschungsfabrik

Bau der Forschungsfabrik

Für den Bau der Forschungsfabrik ist ein Gesamtbudget von etwa 15 Millionen Euro vorgesehen. Die Kooperationspartner Fraunhofer und KIT steuern jeweils die Hälfte dazu bei. Im Sommer 2019 ist die Grundsteinlegung geplant. Ab Ende 2020 soll das L-förmige Gebäude auf zwei Stockwerken und einer Fläche von 4.500 Quadratmetern etwa 70 Wissenschaftler beherbergen. Zudem bietet die Forschungsfabrik 50 Arbeitsplätze für Kooperationspartner aus der Industrie. Die Eröffnung ist für Ende 2020 vorgesehen.

 

Aufmacherfoto: Dr. Olaf Sauer, Prof. Jürgen Beyerer, Prof. Holger Hanselka, Prof. Jürgen Fleischer, Prof. Frank Henning beim Spatenstich (v.l.n.r.; Foto: Amadeus Bramsiepe, KIT)

(Fotos: KIT)