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Ist Diesel doch sauberer als Elektro?

Ja, in den meisten Fällen aber auch nicht. Es hängt alles davon ab, wie man es sieht, aber vielleicht auch von den kommerziellen Interessen, um die es geht. Wenn ich sauber oder schmutzig sage, meine ich natürlich die Emission von Feinstaub (aus Reifen und Abgas) und NOx aus dem Auspuff. CO2 ist weder sauber noch schmutzig und ich werde jetzt nicht darauf eingehen. TNO und CE Delft hatten bereits 2014 nachgewiesen, dass ein Elektroauto unter Berücksichtigung des aktuellen Strommixes und des Herstellungsprozesses weniger CO2 ausstößt als ein Benzin- oder Dieselauto.

Die kürzlich angekündigten CO2-Emissionsreduktionsziele für neue Personenkraftwagen für 2025 und 2030 sind bekannt, zwingen die Automobilhersteller jedoch nicht, Verbrennungsmotoren aufzugeben. Diese neuen Normen verpflichten die Automobilhersteller, die CO2-Emissionen aller Neuwagen bis 2025 um 15 % und bis 2030 um 37,5 % (bzw. 15 % und 31 % bei Transportern) gegenüber 2021 zu senken. Laut Transport & Environment (T&E) wird die Verordnung die Automobilhersteller darin bestärken, bis 2025 den Verkauf von 15% Null- und emissionsarmen Fahrzeugen in der EU zu fördern (d.h. einschließlich Plug-Ins) und bis zu 35% bis zum Jahr 2030.

Umsatzsteigerung in Deutschland

Das Dieselauto darf uns also noch eine Weile erhalten bleiben. Seit Anfang 2019 ist die Zahl der in Deutschland verkauften Diesel-Pkw wieder gestiegen. In der Juli/August 2019 von Automotive Engineering ist sogar von einer Entwicklung des Verbrennungsmotors bis 2050 die Rede, was aber vor allem auf den Markt in schwer zugänglichen Gebieten zurückzuführen ist. In Europa ist es eine andere Geschichte. Auch hier erholt sich der Diesel laut IHS Markit leicht. Für das Jahr 2025 wird geschätzt, dass noch 25 % der europäischen Automobilproduktion aus Dieselmotoren bestehen werden. Die meisten davon müssen in der EU verkauft werden.

Ich frage mich, ob das alles klappen wird, denn der Diesel ist aufgrund der hohen Kosten für Abgasnachrüstungssysteme und der stetig sinkenden Betriebskosten für Elektroautos unter Druck geraten. Und daher lebt das „Dieselgate” für die Verbraucher weiter. Wir neigen jedoch dazu, Dinge ziemlich schnell zu vergessen. Wer erinnert sich noch an den T&E-über Cycle Beating im Jahr 1998? Damals haben die Automobilhersteller nach Recherchen von T&E moderne Geräte eingesetzt, um das Auto an den Test anzupassen. Der (korrupte) Computer konnte sogar erkennen, wann sich das Auto in einem bestimmten Testzyklus befand, so dass der Verbrennungsmotor in einen anderen Modus geschaltet werden konnte. Das Ergebnis war, dass die NOx-Emissionen beim Fahren in Echtzeit auf der Autobahn um den Faktor drei erhöht wurden! Wohlgemerkt, das war 17 Jahre vor dem heutigen Dieselmotor!

Deutlich weniger Feinstaub

Dennoch gibt es einige gute Nachrichten. Die Konkurrenz, die der Verbrennungsmotor von seinen elektrischen Gegenstücken erhält, sorgt dafür, dass vor allem der gescholtene Diesel schnelle Fortschritte macht. Ein Test von Emissions Analytics in Zusammenarbeit mit Auto Motor & Sport (15. August 2019) zeigt, dass tatsächlich dass Volkswagen mit seinem Modell Tiguan 2.0 TDI 4Motion am saubersten ist. In dreckiger Luft (50.000 PN/cm3) werden deutlich weniger Feinstaubpartikel im Abgas gemessen als angesaugt werden. Bei sauberer Luft (10.000 PN/cm3) ist die Menge der Feinstaubpartikel etwas höher als die Ansaugluft.

Scherzhaft könnte man sagen, dass die neuesten Dieselmotoren in verschmutzten Gebieten herumfahren müssen, um die Luft zu reinigen, wie beispielsweise in Amsterdam. Das ist natürlich etwas zynisch. Ein Diesel stößt auch NOx und andere giftige Stoffe aus. Das Elektroauto ist die Zukunft, aber da sich der Diesel noch etwas länger hält, ist es besser, ihn so sauber wie möglich zu machen. Und wenn das zum Teil auf die Einführung und Förderung des Elektroautos zurückzuführen ist, dann ist das ein doppelter Bonus.

Über diese Kolumne:
In einer wöchentlichen Kolumne, die abwechselnd von Maarten Steinbuch, Mary Fiers, Peter de Kock, Eveline van Zeeland, Lucien Engelen, Tessie Hartjes, Jan Wouters, Katleen Gabriels und Auke Hoekstra geschrieben wird, versucht Innovation Origins herauszufinden, wie die Zukunft aussehen wird. Diese Kolumnisten, gelegentlich ergänzt durch Gast-Blogger, arbeiten alle auf ihre Weise an Lösungen für die Probleme unserer Zeit. Damit es morgen besser wird. Hier sind alle vorherigen Episoden.