Mobility, Experience and Technology Lab (MXT) © Fraunhofer IAO
Author profile picture

Es gibt viele Visionen über die Zukunft des autonomen Fahrens. Eine Frage, die sich diesbezüglich stellt ist: Was macht eigentlich der Fahrzeuginsasse, wenn sein Auto sozusagen zum intelligenten Fahrzeugführer wird? Schließlich bleibt dem Menschen selbst in punkto Autofahren dann nicht mehr viel zu tun. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO  gründeten nun zusammen mit Unternehmens- und Strategieberatern von McKinsey & Company sowie weiteren Projektpartnern aus verschiedenen Branchen ein Innovationsnetzwerk, um Lösungen für die Mobilität von morgen zu entwickeln – und zwar von der Idee bis zum Bau eines Prototypen. Ziel des sogenannten Mobility, Experience and Technology Labs (MXT) ist es, möglichst schnell zu erkennen, welche Technologien, Services und Geschäftsmodelle zukunftsfähig sind und welche Visionen am Markt keine Chance haben.

MXT-Lab analysiert Trends

Wenn der Fahrer zum Passagier wird, muss er seine Aufmerksamkeit nicht mehr auf den Verkehr richten. Er erhält somit also reichlich Zeit, um sich anderen Tätigkeiten zu widmen. Passionierte Zugfahrer und Beifahrer wissen diesen Luxus schon zu genießen: Man kann schlafen, lesen und die umgebende Landschaft genießen. Doch es geht noch mehr: Denn wenn das Fahrzeug selber steuert, beschleunigt oder bremst, kann die Windschutzscheibe neue Funktionen erhalten. So könnte ein integriertes Display die Außenwelt mit Zusatzinfos neu erlebbar machen. Oder man könnte sie abdunkeln, um Filme zu schauen. Je nach Bedarf ist es durch das autonome Fahren also möglich, das Fahrzeug in einen neuen Lebensraum, zum Beispiel ein mobiles Wohnzimmer oder Büro umzugestalten.

Für Sebastian Stegmüller, Wissenschaftler am Fraunhofer IAO, haben solche Szenarien durchaus das Potenzial, in einigen Jahren Realität zu werden. „Wir selektieren in der frühen Innovationsphase, noch bevor die Produktentwicklung beginnt, spannende Ansätze, die es wert sind, weiter verfolgt zu werden”, erklärt Stegmüller.

Dr. Tobias Schneiderbauer, Projektmanager bei McKinsey & Company skizziert zudem mögliche Einsatzbereiche wie sprachunterstützte Dienste unter Nutzung von Künstlicher Intelligenz:

Fährt man beispielsweise an der Oper vorbei, erscheint auf dem Display der Ticketdienst. Die Karten zur Aida-Vorstellung könnte man dann im Vorbeifahren kaufen.“

Die Kooperationspartner des MXT-Labs analysieren Trends, um Unternehmen Entscheidungshilfen in Bezug auf Innovationsprojekte zu geben. Damit reagieren sie auf die schier unüberschaubaren Möglichkeiten von Innovationschancen, die die großen Trends der Automobilindustrie mit sich bringen: Automatisierung, Vernetzung und Elektrifizierung der Fahrzeuge sowie neue Mobilitätsservices. „Durch die digitale Transformation müssen sich die Unternehmen neu orientieren und aufstellen, sie bietet aber auch die Chance für neue Mobility-Services und Fahrerlebnisse”, fasst Wirtschaftingenieur Stegmüller zusammen.

Prototypen machen autonomes Fahren erlebbar

© Fraunhofer IAO

Das Mobility Innovation Lab steht am Fraunhofer IAO in Stuttgart. Hier kann man schon jetzt erleben, wie das Fahren von morgen aussieht.

In der hochmodernen Forschungsumgebung für Prototyping und Kreativworkshops gibt es beispielsweise ein futuristisches Fahrzeugcockpit mit modularem Armaturenbrett, schaltbaren Scheiben, Sitzen mit Relax-Position, ausklappbaren Tischen und ausfahrbarem Monitor. Hier werden das Innenraum-Erlebnis der Zukunft sowie die Interaktion mit künftiger Bordelektronik und speziellen Services wie Sprachlern-, Pizza-Lieferdiensten oder personalisierten Entertainment-Diensten demonstriert. Auch ist hier ein umgebautes Fahrzeug zu sehen, das mit Fußgängern interagiert. Im Lab wird zudem an den Möglichkeiten der nachhaltigen, urbanen Mobilität gerforscht. Derzeit wird ein elektrischer Dreirad-Roller unter die Lupe genommen.

Mit ihrer Forschung möchten die Partner des Innovationsnetzwerks eine valide Basis für lukrative Geschäftsmodelle und Technologien schaffen. Dabei adressieren sie nicht nur Automobilhersteller und -zulieferer, sondern auch Firmen aus der Entertainment- und IT-Branche. Zudem holen sie Unternehmen, Kommunen und weitere Akteure ins Boot. So dass das Innovationsnetzwerk mit spezifischem Know-how unterstützt und bereichert wird. Zudem ist das Netzwerkprojekt weiterhin offen für interessierte Firmen, die sich dem MXT Lab anschließen möchten.

Qualitative und quantitative Studien

Ein wesentliches Augenmerk des MXT Labs liegt in der Durchführung von Nutzer-Studien. Denn diese stellen die Ausgangsbasis für die Untersuchung möglicher Innovationschancen bereit. In einer ersten, exemplarischen Studie haben sich die Partner beispielsweise mit der Frage beschäftigt, inwiefern sich die frei werdende Zeit beim automatisierten Fahren zum Lernen von Fremdsprachen eignet. Dazu wurde neben einer quantitativen Online-Befragung in Deutschland, China und den USA auch ein Experiment im Mobility Innovation Lab aufgebaut. So konnten qualitative Nutzeraussagen erhoben werden. Neben dem grundsätzlichen Interesse an entsprechenden Service-Angeboten untersuchten die Wissenschaftler auch die Attraktivität verschiedener technischer Umsetzungsmöglichkeiten sowie fahrtbezogener Applikationen. Diese Informationen geben Impulse zur Gestaltung des automatisierten Fahrerlebnisses und der dazugehörigen Fahrzeuge.

Was auch immer zukünftig entwickelt wird: Der Spaß beim Autofahren erhält durch das autonome Fahren mit Sicherheit ganz neue Dimensionen.

Dieses Thema könnte Sie auch interessieren:

E-Monday: Der Netzwerk-Club für die Mobilität 4.0 tagt wieder

Robo-Taxis als neue Mobilitätsform in den Städten

Shuttle statt Bus oder Taxi

Modulare Konzepte: Autonomes fahren soll flexibel werden

Autonomes Fahren: Mit Pathfinder auf dem richtigen Weg

Autonomes Fahren: Tests im Labor statt auf der Straße