© ESO/A. Grado and L. Limatola
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Die Galaxie NGC 1316 ist bei Astronomen seit Jahrzehnten ein beliebtes Forschungsobjekt und gibt den Wissenschaftlern trotzdem noch immer Rätsel auf. Die rund 60 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernte Galaxie im Sternbild Fornax, auf Deutsch Ofen, ist nur auf der Südhalbkugel sichtbar und vom viel ausgedehnteren Nachbarsternbild Eridanus umgeben. Die Galaxie ist vor einigen Milliarden Jahren erst durch eine Kollision und danach eine Verschmelzung mit einer anderen Galaxie entstanden. Anschließend wurden noch weitere kleinen Galaxien eingemeindet.

Durch gravitative Verzerrungen im Laufe ihrer Vergangenheit bekam sie ihre linsenförmige Struktur und die ausgeprägten Wellenstrukturen, Ringe und Kreisbögen in der sternreichen äußeren Hülle. Durch die Verschmelzungen kam es zu einem Zustrom an Gas und im Zentrum zu einem supermassereichen Schwarzen Loch mit einer Masse von schätzungsweise 150 Millionen Sonnenmassen. NGC 1316 ist die hellste Galaxie des Fornax-Haufens.

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Nachweis von Galaxien wie NGC 1316 extrem wichtig

„Die Erklärung der Entstehung von Galaxien durch Verschmelzung von kleineren Vorläufern ist derzeit ein wichtiger Eckpfeiler unserer kosmologischen Modelle und Theorien“, sagt Dr. Peter Kamphuis von der Ruhr-Universität Bochum (RUB). „Daher ist der Nachweis von Galaxien wie NGC 1316 extrem wichtig.“ Darüber hinaus könnten Astronomen anhand solcher Galaxien den näheren physikalischen Prozess und Ablauf einer oder mehrerer Verschmelzungen sowie den Einfluss auf die Galaxienentwicklung studieren.

Aufgrund theoretischer Berechnungen waren Astronomen seit Langem davon überzeugt, dass NGC 1316 viel Wasserstoff enthalten müsste. Bisher gab es dafür aber keinen Beweis. Nun haben Wissenschaftler der RUB um Dr. Peter Kamphuis unter der Federführung von Prof. Dr. Paolo Serra vom italienischen Istituto Nazionale di Astrofisica den Wasserstoff gefunden. Aus diesen Ergebnissen können sie nun eine genauere Theorie zur Bildung von Galaxien ableiten. „NGC 1316 ist unter Astronomen ein sehr bekanntes Objekt“, erzählt Peter Kamphuis. „Es ist eine der hellsten Quellen im Radiobereich und das Lehrbuchexemplar einer Radiogalaxie.“

Die Zusammensetzung des kalten interstellaren Mediums der Galaxie sei sehr ungewöhnlich, sagen die Forscher. Der Anteil an Wasserstoff und Helium beträgt 98 Prozent, nur zwei Prozent sind schwere Staubteilchen. Das interstellare Medium, das „beim Kollaps von Riesengaswolken unter ihrer eigenen Masse Sterne bildet”, ist ein wichtiger Bestandteil einer Galaxie. Bei NGC 1316 haben die Wissenschaftler laut Paolo Serra aber einen großen Anteil des interstellaren Mediums in Staubform beobachtet.

Der Wasserstoff (grün) um die Galaxie NGC 1316 verteilt sich entlang von zwei Filamenten nördlich (links) und südlich der Galaxie. Zusätzliche Klumpen aus Wasserstoff um NGC 1316 sind nicht zwangsläufig Teile der Filamente. Die Daten des Hintergrundbildes stammen vom Fornax Deep Survey und wurden mit dem VST-Teleskop der Europäischen Südsternwarte aufgenommen. © ESO

Genauere Theorie zur Bildung von Galaxien

Im Laufe ihrer Forschungen haben Astronomen herausgefunden, dass eine der ursprünglichen Galaxien, aus denen NGC 1316 entstand, gigantisch war und ein Defizit an kaltem interstellaren Medium hatte. Die zweite Galaxie war etwa zehnmal kleiner und unserer Milchstraße nicht unähnlich. Da sie viel kalten Staub besaß, brachte diese kleine Galaxie genug Staub in NGC 1316, um die Beobachtung zu erklären. „Allerdings sollte die kleine Galaxie auch eine Menge an Wasserstoff mitgebracht haben, der sich zum System addiert – der wurde aber bisher nicht gefunden“, so Peter Kamphuis.

Bis jetzt. Nun konnten die Forscher das Rätsel lösen. „Wir konnten zeigen, dass der Wasserstoff in zwei langen, sehr schwachen Gasfilamenten verteilt ist, die sehr weit aus der Galaxie herausragen“, erklärt Paolo Serra. Die Menge an Wasserstoff, die gemessen werden konnte, würde derjenigen entsprechen, die bei der Verschmelzung einer großen mit einer kleineren milchstraßenähnlichen Galaxie zu erwarten sei. „Dank der neuen Beobachtungen haben wir alle Puzzleteile zusammengefügt und haben jetzt eine genauere und kohärente Theorie zur Bildung von Galaxien“, fasst Peter Kamphuis zusammen.

Die Arbeit wurde gefördert vom Europäischen Forschungsrat (PE9 ERC-2015-STG – Galaxy evolution in dense environments) und über die Verbundforschung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Projekt D-Meerkat: Ein deutscher Beitrag zur Weiterentwicklung der Radioastronomie im Zentimeterwellenlängenbereich.

Die Ergebnisse der aktuellen Forschungen wurden in der Zeitschrift Astronomy and Astrophysics veröffentlicht.

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