© University of Geneva, Luca Caricchi
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Trotz aller technischer Fortschritte ist eine Vorhersage von Vulkanausbrüchen noch immer schwierig. Wissenschaftler können zwar Signale wie steigenden Druck im Inneren, aufsteigende Gase und Wasserdampf deuten, trotzdem sind Eruptionen auch bei Vulkanen, die genau beobachtet werden, schwierig vorherzusagen. Fragen wie, wieso der Berg Fuji nach dem starken Erdbeben in Tohoku nicht ausgebrochen ist, oder warum der Ausbruch des Eyjafjallajökul so viel vulkanische Asche erzeugt hat, sind noch immer unbeantwortet.

Geologen und Geophysiker unter der Leitung von Luca Caricchi, Professor für Geowissenschaften der naturwissenschaftlichen Fakultät der UNIGE, haben nun genau untersucht, was eine Eruption verursacht. Sie wollten unter anderem die Frage beantworten, wieso einige Vulkane regelmäßig ausbrechen, während andere Jahrtausende lang inaktiv bleiben. Dazu haben die Forscher Literatur über die internen und externen Mechanismen gewälzt, die zu einem Vulkanausbruch führen. Sie analysierten dabei die Thermomechanik von vulkanischen Prozessen in der Tiefe und der Magmaausbreitung an die Oberfläche.

Magma alleine reicht nicht aus

Es zeigte sich, dass der größte Teil des aus der Tiefe aufsteigenden Magmas tatsächlich keinen Vulkanausbruch auslöst. Außerdem stellten die Wissenschaftler fest, dass ältere Vulkane eher seltener, dafür aber mit größeren und gefährlicheren Eruptionen ausbrechen. “Während seiner Reise kann Magma in Reservoirs innerhalb der Erdkruste gefangen werden, wo es für Tausende von Jahren stagnieren kann und möglicherweise nie ausbricht”, erklärt Meredith Townsend, Forscherin am Department of Earth Sciences der Universität von Oregon. Sie konzentrierte darauf, den Druck zu berechnen, den das Magma benötigt, um das Gestein um das Reservoir herum aufzubrechen und an die Oberfläche zu steigen.

Eleonora Rivalta, Forscherin am Potsdamer Forschungszentrum für Geowissenschaften und der Universität Bologna, untersuchte die Ausbreitung des Magmas beim Aufstieg an die Oberfläche: “Wenn es flüssig genug ist, also nicht zu viele Kristalle enthält, kann Magma durch eine Art selbstgetriebenes Fracking sehr schnell aufsteigen”, sagt die Wissenschaftlerin. Wenn das Magma aber zu mehr als 50% kristallisiere, würde es zu zähflüssig und die Reise an die Oberfläche würde stoppen.

Außerdem könne das Magma verschiedene Wege nehmen, vertikal, horizontal oder geneigt, erklärt Luca Caricchi. Sein Spezialgebiet ist die Magmachemie. Sie liefert wichtige Informationen über den Zustand des Magmas vor einem Vulkanausbruch. “Die Chemie des Magmas und der darin enthaltenen Kristalle liefert wichtige Informationen über die Abfolge der Ereignisse, die zu einem Vulkanausbruch führen, was wertvoll ist, um die Überwachungssignale aktiver Vulkane besser zu interpretieren und zu antizipieren, ob es zu einer Eruption kommen könnte.”

Die Japanerin Atsuko Namiki, Forscherin an der Graduate School of Environmental Studies an der Universität Nagoya, war im Team dafür verantwortlich, die externen Auslöser eines Ausbruchs, wie Erdbeben, Gezeiten oder Regen, zu analysieren. “Diese allein können eine Eruption nicht auslösen, das Magma muss bereit sein und auf einen Auslöser warten.”

Damit eine Eruption stattfinden kann, müssten mehrere Bedingungen gleichzeitig erfüllt sein, sagt Luca Caricchi. Magma mit weniger als 50% Kristallen müsse in einem Reservoir gespeichert sein, in dem wiederum ein Überdruck herrscht. Dieser Überdruck kann beispielsweise durch Erdbeben entstehen oder auch durch einen weiteren Zufluss von Magma. Aber auch, wenn dieser Druck soweit ansteigt, dass das Magma aufsteigen kann, ist ein Ausbruch noch nicht unbedingt gegeben.

Alter des Vulkans von Bedeutung

Die Analyse der Forscher zeigt, wie Vulkane sich im Laufe der Zeit verändern können. “Wenn ein Vulkan gerade erst anfängt, aktiv zu sein, ist sein Reservoir eher klein und die umgebende Kruste ist relativ kalt, was zu vielen häufigen, aber kleinen und eher vorhersehbaren Eruptionen führt”, erklärt Luca Caricchi. Bei alten Vulkanen sei das Reservoir größer und das umgebende Gestein heißer. “Wenn neues Magma injiziert wird, erzeugt es nicht viel Überdruck, weil sich die Felsen um das Reservoir herum verformen und das Wachstum weitergeht”, erklärt der Geologe.

Als Beispiel nennt er den Mt. St. Helens, der erst vor 40.000 Jahren zum ersten Mal ausbrach und dessen letzte Eruption im Jahr 2008 klein und nicht gefährlich war. Ganz anders der Toba in Indonesien. Er brach vor rund 1,2 Millionen Jahren mit einer gewaltigen Explosion zum ersten Mal aus und seine letzte Eruption vor 74.000 Jahren war katastrophal. Damals wurde die gesamte Umgebung um den Vulkan komplett zerstört und der Ausbruch hatte weltweite Auswirkungen auf das Klima.

Letztendlich werde aber eine Ansammlung großer Mengen an Magma zu großen Eruptionen führen, sagt Caricchi. “Außerdem sind die Warnzeichen sehr schwer zu erkennen, weil die hohen Temperaturen die seismische Aktivität verringern und die Wechselwirkung zwischen Gasen und Magma deren Zusammensetzung verändert.” Das würde es schwieriger machen, zu verstehen, was darunter vor sich ginge. Je mehr Magma sich ansammle, desto schneller “altere” der Vulkan.

1.500 aktive Vulkane

Bestimmt werden kann das Alters eines Vulkans durch Analysen des Zirkons im Gestein. Geologen können verstehen, in welchem Stadium ihres Lebens sich ein Vulkan befindet, wenn sie sein Alter kennen. “Derzeit gibt es 1.500 aktive Vulkane, und etwa 50 von ihnen brechen jedes Jahr aus. Zu wissen, ob die Bevölkerung evakuiert werden muss oder nicht, ist entscheidend, und wir hoffen, dass unsere Studie dazu beiträgt, die Auswirkungen vulkanischer Aktivitäten auf unsere Gesellschaft zu verringern”, so Luca Caricchi. Er hofft, dass die Erkenntnisse der jüngsten Studien an Vulkanen getestet werden, die bereits ausgiebig untersucht wurden. “Wie die in Italien, den USA und Japan, und auf andere Vulkane übertragen, für die es weniger Daten gibt, wie in Indonesien oder Südamerika.”

Die Ergebnisse der Studien wurden in Nature Reviews Earth and Environment veröffentlicht. Die Wissenschaftler hoffen, dass sie dazu beitragen können, Modelle vulkanischer Prozesse zu verfeinern, um so die mehr als 800 Millionen Menschen, die in der Nähe aktiver Vulkane leben, besser vor den Auswirkungen von Ausbrüchen schützen zu können.

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