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Immer wieder werde ich in diesen Tagen gefragt, ob es überhaupt noch Sinn machen würde, in dieser unsicheren und turbulenten Zeit ein Startup neu zu gründen oder ein bestehendes Unternehmen zu übernehmen. Gründer, wie auch Nachfolger, wägen die Chancen und Risiken ab. Und bei den vielen Unsicherheiten, Restriktionen und negativen Nachrichten rund um Covid-19 und die sogenannte Corona-Krise ist es verständlich, wenn die Unsicherheit und damit die Risiken stärken gewichtet werden als die Chancen.


Dahinter steht die Angst es nicht zu schaffen, zu scheitern. Auch der Zweifel, die richtigen Entscheidungen zu treffen und sich möglicherweise später im Rückblick mit Schuldgefühlen auseinandersetzen zu müssen. Verständlich. Angst ist eine sehr wichtige Emotion, weist sie uns doch auf Risiken hin, die wir nicht vollständig absehen können. Sie fordert uns auf, vorsichtig zu sein, mit bedacht zu handeln. Und das sollten wir in einer Situation, wie wir sie derzeit erleben, auch tun. Aber vorsichtig zu handeln heißt nicht, nicht zu handeln. Erfolgreiche Unternehmer zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie ihre Ängste wahrnehmen, sich aber nicht von ihnen blockieren lassen.

Der Zweifel gehört dazu

Zweifel gehört in diesen Zeiten dazu. Woher sollen wir wissen, was jetzt die richtigen Entscheidungen sind. Seit Jahren reden wir von VUCA-Zeiten und wie wir uns in ihnen verhalten sollen. Manche Unternehmen leben schon lange in einer VUCA-Welt, weil ihre Märkte und technologischen Rahmenbedingungen einfach so waren – volatil, unsicher, komplex und mehrdeutig. Und plötzlich leben wir alle in einer VUCA-Welt. Covid-19 hat innerhalb weniger Wochen unsere Welt auf den Kopf gestellt, uns gezeigt, wie wenig wir wissen, wir komplex unsere Abhängigkeiten im internationalen Warenverkehr sind und wie schwer wir uns damit tun, dass es keine eindeutigen Antworten und Lösungen gibt. Wir sollten, bevor wir wichtige Entscheidungen in diesen Zeiten treffen, zwei-feln. Und beide Seiten anschauen. Und dann doch Entscheiden und den Zweifel überwinden.

Stellen Sie sich Ihrer Angst


Warum? Es gibt viele Geschichten über erfolgreiche Unternehmer und ihre Erfolgsgeheimnisse. Allen erfolgreichen Unternehmern, die ich kenne, haben sich in entscheidenden Situationen ihren Ängsten und Zweifeln gestellt. Sie haben sich ihren persönlichen Ängsten gestellt und überwunden. Und sie haben sich, um mit ihren Zweifeln umzugehen, Rat und andere Meinungen eingeholt und haben dann für eine Richtung ent-schieden.

Bleiben noch die möglichen Schuldgefühle. Schuldig fühlen wir uns typischerweise, wenn wir wissen, dass wir bewusst etwas Falsch gemacht haben, Erwartungen nicht erfüllt haben, und dabei erwischt worden sind. Wir können nicht alle Entscheidungen in unserem Leben richtig machen. Ich kenne niemanden, dem das gelungen ist. Aber wir können uns mit Gründen auseinandersetzen, warum wir als Menschen Fehler machen, Fehlentscheidungen treffen, an denen wir in der Konsequenz scheitern können. Aus den gemachten Erfahrungen anderer können wir lernen und uns darum bemühen, diese in unser Verhalten und unsere Entscheidungen zu integrieren


Belügen Sie sich nicht selbst

Unternehmer_Innen scheitern, weil sie sich selbst belügen. Weil sie unangenehmer Tatsachen nicht wahrhaben wollen, diese schön reden oder ignorieren. Hierzu zählen auch unsere blinden Flecken und Biases. Wir alle haben diese. In dem wir uns nicht mit ihnen beschäftigen können wir unsere unbewussten Denk- und Handlungsmuster nicht erkennen und sie damit nicht in unsere Entscheidungsprozesse einbeziehen. Wir täuschen uns also selbst – belügen uns selbst.


Ein weiterer Grund, warum Unternehmer_Innen scheitern ist die Hybris, die Selbstüberschätzung, alles zu können, keine Grenzen zu kennen und das Gefühl über unendliche finanzielle, zeitliche und energetische Ressourcen zu verfügen. Selbstvertrauen und die Überzeugung für die eigenen Ziele und Vorhaben sind wichtig und eine Voraussetzung für unternehmerischen Erfolg. Es ist genauso wichtig einen Blick auf die eigenen Ressourcen und deren Grenzen zu haben. Denn mit Gewalt geht alles – vieles auch kaputt.


Über den Zweifel habe ich schon geschrieben. Dennoch ist auch der Zweifel einer der wichtigsten Gründe, warum Unternehmer_Innen scheitern. Zweifel, dieses Gefühl auf Gas und Bremse gleichzeitig zu stehen, sich dabei im Kreis zu drehen, die Orientierung zu verlieren und nirgendwo hinzukommen. Und dabei noch eine Menge Energie zu verbrauchen. Zweifel können wir nur mit einer klaren Entscheidung überwinden. Erfolgreich(e) Unternehmer_in zu sein erfordert auch beherzte und mutige Entscheidungen.

Chancen in jeder Krise

Krisen sind Chancen. Und Chancen werden zu Krisen, wenn man sie nicht nutzt. Das griechische Wort Krisis bedeutet neben Chance und Krise auch Entscheidung. Eine Krise wird nur dann zu einer Chance, wenn wir bereit sind Entscheidungen zu treffen. Allen antiken Weisheitslehren ist gemein, dass sie die Welt als Polarität beschreiben. Das heißt, dass in jeder Krise Chancen liegen und in jeder Chance Risiken.


Meine Antwort auf die Frage der Gründer und Nachfolger, ob sie gerade in dieser Zeit ein unternehmerisches Risiko eingehen sollen ist daher stets: Wenn sie von Ihrer Idee überzeugt sind, dann folgen sie ihr. Nutzen sie die Chancen, die in dieser Corona-Krise liegen und tragen Sie dazu bei, dass wir danach eine bessere Welt haben werden, als davor. Und beachten Sie die Risiken, besonders die persönlichen: Selbstlüge, Hybris und Zweifel. Das größte Risiko unternehmerischen Handelns ist der Unternehmer / die Unternehmerin selbst.